Kai Schmid
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Weitwandern mit Esel durch die Provence in Südfrankreich ist ein Highlight. Vor allem zusammen mit dem Tier wird diese Tour unvergesslich. Das Schlimme ist nur: nach einer Woche hat sich die ganze Familie so an das sympathische Grautier gewöhnt, dass ein Abschied wirklich hart wird. Doch vorher gilt es in sieben Etappen durch das Mercantour zu wandern und jeden Tag ein Stück höher zu kommen.
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„Tsé, tsé!“ Gleichmütig setzt sich Ouzo in Bewegung. Der kleine Grashappen am Wegesrand war doch zu viel der Verlockungen, da konnte der Esel nicht anders als sich noch eben einen Bissen zu genehmigen. Und ja, Ouzo heißt wirklich wie der griechische Anisschnaps, obwohl wir hier im französischen Mercantour im Département Alpes-Maritimes über Stock und Stein wandern.
Weitwandern mit Esel: Das Tier ist nicht stur und bockig - eher verfressen
Aber das Grautier ist alles andere als beschwipst, vielleicht nur etwas verfressen. Zumindest macht er den Eindruck, denn er nutzt wirklich jede Gelegenheit für einen gräslichen Snack. Und wenn er mal nicht mampft schaut er so traurig und hungrig wie ein Golden Retriever.
Doch Ouzo bekommt genug zum Futtern, das Gras ist saftig und mehr als üppig vorhanden. Aber man kann es ja mal versuchen. Und so ein Häppchen ist es eben ein guter Grund für ein kleines Päuschen. Gut, dass wir den Schrei der korsischen Hirten: „Tsé, tsé!“ schnell verinnerlicht haben mit dem wir den Esel immer wieder in Bewegung setzen.
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„Esel sind störrisch, mürrisch und wenn sie mal stehen bleiben bringt sie nichts mehr vorwärts.“ Mit diesem landläufigen Vorurteil übernimmt man einen der Esel im Startpunkt Villeplane, irgendwo hoch über der tiefen Schlucht des Flusses Var, der tief unten in seinem Bett vor sich hin gurgelt. Wilder französischer Parc du Mercantour.
Weitwandern mit Esel: Die Route führt durch wilde, einsame Täler
Dünn besiedelt, zerklüftet, felsig und rau. Kurz: kein Flecken für verwöhnte Strandtouristen. Und am Ende einer engen Fahrstraße erreicht man den traumhaft gelegenen Hof der Eselszüchter. Nett und routiniert bekommen wir den „Eselsführerschein“, oder besser eine Einweisung wie man das Tier zu behandeln, zu führen, zu füttern zu hätscheln und tätscheln hat.
Warum unser Ouzo gerade auf einen korsischen Schrei hört wird nicht klar, aber er funktioniert. Doch viel wichtiger ist wohl, dass man nicht vorne zieht wenn der Esel mal wieder ein Happen zu sich nimmt, sondern den Grauen mit einem sanften Klaps auf den Hintern zum Weiterlaufen bringt. Und das funktioniert. Vorurteil Nummer Eins ist somit widerlegt. Und schon nach wenigen Stunden wird klar: Esel sind alles anders als stoische, lustlose und unnahbare Tiere.
Weitwandern mit Esel: Das Tier ist bald Chef der Familie
Am nächsten Morgen richten wir uns schon darauf ein den Grauen mit einem Lasso auf der Wiese hinter dem Hof einzufangen. Doch wieder mal widerlegt das Tier ein Vorurteil: Ouzo wartet schon sehnsüchtig auf uns am Gatter. Er gehört mittlerweile einfach zur Familie und er fordert das auch ein. Wir wandern durch verwunschene Wälder und über verträumte Bergplateaus und wir lernen: „Esel gehen langsam schnell.“ Das heißt: Ouzo rennt nie oder macht Stress, aber er läuft konsequent seine Geschwindigkeit. Doch wir kommen gut hinterher. „Tsé, Tsé.“
„IIIIIIIIIIII-AAAAAAAAAAAAAA, IIIIIIIIIIIIIIIIIII-AAAAAAAAAAAA“. Im Mini-Skigebiet Val Pelens kommen wir recht früh an und bringen Ouzo zu seiner Koppel. Wir wollen den Tag auf der Wiese faul in der Sonne liegen, als das Tier beharrlich die Gegen zusammenbrüllt.
„IIIIIIIIIIII-AAAAAAAAAAAAAA, IIIIIIIIIIIIIIIIIII-AAAAAAAAAAAA“. Erst wissen wir nicht was tun, doch schnell merken wir: Ouzo will zu uns auf die Wiese! Von wegen allein in der Koppel – laaaaaaaaangweilig!
Weitwandern mit Esel: Ouzo fordert lautstark unsere Gesellschaft ein
Und erst als er neben uns grasen darf ist er zufrieden. Er fordert seine Zuneigung eben ein. Ebenso ist mehrmals Kuscheln und Drücken angesagt. Wer behauptet Esel seien unnahbare Tiere hat schlicht keine Ahnung. Ganz im Gegenteil:Esel sind zutraulich und verfressen wie ein Golden Retriever aber lange nicht so einseitig panisch auf Flucht gepolt wie es Pferde sind.
Weitwandern mit Esel: Der Parc du Mercantour wird Tag für Tag hochalpiner
Nun sind wir schon sechs Tage bei bestem Provence-Wetter mit unserem Ouzo unterwegs. Meter für Meter arbeiten wir uns in Richtung Col de la Cayolle auf 2.326 Metern Meereshöhe. Über die Serpentinen ballern Motorräder Richtung Passhöhe während wir uns mit unserem Allradtier auf kleinen Wegen parallel bergan gehen.
Die letzte Nacht verbringen wir im bitterkalten Refugio auf der einsamen Passhöhe bei einer etwas seltsamen, sehr esoterischen Dame mit schwach ausgeprägten Kochkünsten.
Eine letzte Etappe führt uns noch auf fast 2.700 Meter an traumhaften Bergseen vorbei. Die Landschaft könnte nicht schöner sein. Doch wir sind traurig: Heute Abend müssen wir unseren Ouzo wieder abgeben. Tränen kullern als wir unser verfressenes und liebgewonnenes Tier zu seinen Eselskollegen in die Koppel am Refuge de la Cantonnière entlassen. Wir drücken und schmusen ihn ein letztes Mal, wir haben ihn so ins Herz geschlossen, dass wir uns kaum von ihm trennen können.
Au revoir Ouzo.
Infos zum Weitwandern mit Esel:
Kurzprofil Esel-Wandern:
Die Wanderung dauert über insgesamt 8 Tage auf 7 Etappen. Sei startet im Weiler Villeplane auf 1.212 Meter und verläuft bis an den Col de la Cayolle auf 2.362 Meter, eine weitere Tagesetappe auf 2.700 Meter. Je nach Wetter können auch kleine Bergausflüge angehängt werden.
Die Route ist vorgegeben, die Unterkünfte (geringer Standard, teils Schlafsäle) vorgebucht. An den zwischen 4 und 7 Stunden langen Etappenzielen stehen Koppeln für den Esel bereit. Die Wanderung selbst ist technisch einfach und auch mit Kindern gut zu bewältigen. Eine Buchung ist allerdings nötig, da die Esel sonst alle unterwegs sind.
Alle Esel stammen aus der eigenen Zucht der französischen Veranstalter aus Villeplane. Sie kennen die Route von klein und sind stolz zur Wandergruppe zu gehören. Zudem trägt das Tier das Gepäck, das allerdings auf das Nötigste reduziert ist.
Buchungen sind etwa hier möglich:
Ausrüstung für die Esel-Wanderung. Unbedingt:
- gute, eingelaufene Wanderstiefel (über Knöchel)
- Softshelljacke
- wasserdichte Überziehjacke und –hose
- Mütze
- Sonnenbrille
- kleiner Rucksack mit ca. 30 Liter Inhalt (Daypack)
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Haftungsausschluss: Diese Tour(en) wurde(n) nach bestem Wissen aufbereitet. Eine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben wird dennoch nicht gegeben. Das Befahren und Begehen erfolgt stets auf eigene Gefahr. Lies hier den vollständigen Haftungsausschluss.
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