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Test: SCARPA Ribelle Lite HD - Bergstiefel, Herren

SCARPA Ribelle Lite HD - Bergstiefel, Herren
Leichter Allround-Bergstiefel mit kleinen Abstrichen
Bewertung Ø: 4.00 Sterne

Vorteile

  • Griffige Sohle
  • Steigeisentauglich (bedingt steigeisenfest)
  • (Fast) wasserdicht
  • Sehr leicht (1.320g / Paar)
  • Vielseitig einsetzbar

Nachteile

  • Geringe/re Haltbarkeit
  • Begrenzt warm in hochalpinem Gelände

Bewertung

Aufbau des Testberichts

1. Das Produkt

                1.1 Daten & Fakten

                1.2 Versprechen des Herstellers

                1.3 Anwendungsbereich

2. Test & Ergebnisse

                2.1 Testumfang – Einsatzdauer, Einsatzgebiete

                2.2 Testergebnisse – Funktionalität, Tragegefühl & Passform, Haltbarkeit, Nachhaltigkeit, Optik

                2.3 Preis-Leistungs-Verhältnis – Preisspanne, Preise ähnlicher Produkte, Preis-Leistungs-Fazit

                2.4 Empfehlung & Fazit

3. Bilder

4. Weitere Infos zum Produkt

5. Über mich

 

1. Das Produkt

1.1 Daten & Fakten

  • Gewicht: 1.320g (Paar, Größe 42)
  • Größen: 40-48 (mit ½ Größen) 49-50 (keine ½ Größen)
  • Kategorie C Leichtbergstiefel
  • bedingt steigeisenfest (für Kombi-Steigeisen, hinten Kipphebel, vorne Körbchen)
  • Vibram®
  • Futter: HDry®
  • Tech Fabric und Microtech Obermaterial
  • Anpassungsfähiger Autofit Collar Schaft
  • HDry® Membran Laminat
  • Cocona® 37.5 Futter
  • 4 mm Glasfaser verstärkte Brandsohle
  • Vibram® Pentax Precision III Profilsohle aus Mont Gummi

©www.bergzeit.de

 

1.2 Versprechen des Herstellers

Die Lite Version der Ribelle Familie ist der perfekte Begleiter für Klettersteige und herausforderndes Backpacking mit schwerem Gepäck. Das Obermaterial besteht aus Mikrofaser mit technischem, wasserabweisendem Stoff. Das Sock-Fit-XT Konstruktionssystem, das sich wie eine Socke an den Fuß schmiegt, ist atmungsaktiv, wasserfest und widerstandsfähig. Die wasserdichte und atmungsaktive HDry® Membran hält die Füße trocken und sorgt für höchsten Komfort. Ein schützender Gummirand aus PU im äußeren Schuhbereich sorgt für besondere Leichtigkeit und die Zehengummikappe für zusätzlichen Schutz. Die erweiterte Schnürung ist in zwei Teile unterteilt. Im unteren Bereich gleiten die Schnürsenkel ohne Reibung durch die Ösen, dadurch wird eine perfekte und schnelle Anpassung des Schuhs, an den Fuß möglich. Im oberen Schnürbereich sorgen Häkchen mit Klemmeigenschaft für mehr Halt, was dem Knöchel zusätzlich Stabilität verleiht. Halbautomatische Steigeisen sind problemlos am Schuh anzubringen.

© scarpa-schuhe.de

 

1.3 Anwendungsbereich

  • Wandern / Bergsteigen / Trekking
  • Klettersteige
  • Hochtouren (von Outdoor-Onlineshops benannt und von mir getestet, von Scarpa so nicht benannt)

 

2. Test & Ergebnisse

2.1 Testumfang

Ich habe den Scarpa Ribelle Lite HD im Frühjahr 2021 online gekauft und den Schuh somit einmal über das ganze Bergsteigerjahr hinweg testen können. Der Schuh ist sowohl auf alpinen Touren und Klettersteigen in den Dolomiten, bei Hochtouren in den Ostalpen, als auch bei Schneeschuhtouren und Winterwanderungen in den bayerischen Voralpen zum Einsatz gekommen. Folgend kurz und knackig die Testeinsätze zusammengefasst:

  • 5 Tage Hüttenwanderung in den Dolomiten – Höhenlage 2.000-3.000m – alpine Pfade, Geröllfelder, Altschnee / Firn, Dauerregen – bis zu 9h Gehzeit/Tag
  • 4 Klettersteige in den Dolomiten – Höhenlage 2.000-3.000m – Schwierigkeitsgrade bis C/D bzw. freies Gelände bis UIAA I+
  • Langes Hochtourenwochenende in den Ostalpen bis 3.600m – zwei Tage blanker Gletscher mit Steigeisen – freie Kraxelei bis UIAA II – 4h knietiefer Schnee
  • 4 Tage Schneeschuhgehen
  • 5 winterliche Wanderungen – Temperatur bis -8°C – Höhenlage 1.200-1.900m – Touren bis 8h – teilweise knietiefer Schnee

 

2.2 Testergebnisse

Folgend erfahrt Ihr, wie sich der sogenannte Leichtbergstiefel von Scarpa im umfassenden Praxistest geschlagen hat. Zwecks Übersichtlichkeit und einer gezielten Suche, habe ich die Ergebnisse in verschiedene Abschnitte gegliedert.

 

2.2.1 Funktionalität

Grundsätzlich wird der Ribelle Lite HD seinen Versprechen gerecht. Bei allen beschriebenen Einsätzen hatte ich stets das Gefühl, den richtigen Schuh für die ausgeführte Aktivität am Fuß zu haben.

Steifigkeit und Robustheit im Geröll

Beim Steigen in Geröllfeldern bewährt sich die für einen Leichtbergschuh doch sehr steife Sohle des Ribelle Lite. Zum einen findet man damit guten Halt und zum anderen spürt man nicht jedes kleine, spitze Steinchen an der Fußsohle.

Griffige Sohle im Firn

Im Firn kommt die aggressiv ausgestaltete Mittelsohle („Braking Area“ – im Sohlen-Schema rot eingefärbt) voll zum Einsatz. Ich bin im Altschnee – egal ob früh morgens noch hart gefroren oder am späten Nachmittag weich und sulzig – kaum gerutscht. Hier punktet der Scarpa trotz Leichtbauweise mit vernünftigen Sohlen.

Grip im Klettersteig

Beim Klettersteig-Gehen hat sich besonders die „Climbing Zone“ bzw. „Maximum Grip Area“ im vorderen Zehenbereich der Sohle bewährt (siehe auch der grün eingefärbte Bereich im Sohlen-Schema). Optisch und auch wenn man mit den Fingern über diesen Sohlenbereich fährt, stellt man fest, dass dieser eine höhere Rauheit aufweist. Damit findet man auch in plattigerem Felsgelände und Passagen, die auf Reibung zu bewältigen sind, besten Halt. Im Klettersteig hilft auch das zusätzliche Profil im Bereich der Mittelsohle (auf den Bildern beim gelben Vibram-Logo auf der Sohle zu sehen).

Halt in Steigeisen

Der Test mit Steigeisen ist leider nicht mit halbautomatischen, sondern mit Doppel-Körbchen-Steigeisen erfolgt. Zur Steigeisenaufnahme an der Ferste kann ich daher leider keine Aussage treffen. Gegenüber anderen Modellen diese Kategorie macht diese aber einen soliden Eindruck und weist auch eine entsprechende Breite auf, um den Kipphebel sauber zu platzieren.

Grundsätzlich ließen sich die Körbchen-Steigeisen gut mit dem Schuh verbinden. Der Schuh – insbesondere die Sohle – weisen eine hohe Steifigkeit auf, sodass die Eisen sauber am Schuh sitzen und sämtliche Aktionen auf dem Gletscher (bis 35° Steilheit) kein Problem waren. Das zufriedenstellende Ergebnis hängt auch mit der Auswahl der Steigeisen zusammen – in diesem Fall die Petzl Vasak.

(Fast) wasserdicht bei knietiefem Schnee

Auch bei mehreren Stunden im knietiefen Schnee oder bei andauerndem Regen bleiben die Füße relativ trocken. Ich konnte nach 4h Schneestapfen zwar feuchte Socken feststellen, dies kann jedoch Schweiß oder leichter Wassereintritt von außen sein. Entgegen vielen Berichte, die im Internet zu finden sind, konnte ich jedoch kein massenhaftes Eindringen von Wasser über die Schnürung bzw. Zungen-Konstruktion feststellen – d.h. meine Füße waren nicht „nass“ im Sinne von deutlich sichtbaren Wasserstellen an den Socken, sondern eben lediglich teilweise feucht.

Dazu sagen muss ich, dass die Schneetests immer mit einer guten Softshell-Hose erfolgt sind. Diese wird per Haken mit der Schnürung der Schuhe verbunden. Somit konnte kein Schnee oben am Schaft eindringen. Dies kann ich in diesem Fall jedoch nicht dem Schuh gutschreiben.

Bei echter Kälte Gefahr von Eis-Füßen

Sowohl nach einigen Stunden im Schnee als auch auf ganztägigen Gletschertouren musste ich gegen Ende feststellen, dass die Kälte an den Füßen ankommt. Die Bergstiefel sind gut ausgefüttert und im Sommer lassen Schweißfüße auch zeitnah grüßen. In dauerhaft sehr kalten Verhältnissen kommen die Stiefel aber an ihre Grenzen. Hier habe ich leider keinen direkten Vergleich in der Kategorie C, um dies abschließend als durchschnittlich oder schlecht zu beurteilen. Bei der Leichtigkeit wird es irgendwo Abstriche geben müssen. Aus meiner Sicht sind die Ribelle Lite vermutlich für hoch-hoch-alpine Touren über 4.000m nur bedingt geeignet und können hinsichtlich Wärme nicht mit einem Kategorie D Schuh mithalten. Das ist aber auch nicht das, was Scarpa mit diesem Modell leisten will, bzw. gibt Scarpa selbst den Zweck „Hochtouren“ nicht an.

 

2.2.2 Tragegefühl & Passform

Grundsätzlich habe ich mich in den Schuhen schnell wohlgefühlt. Bedenkt bitte unbedingt, dass die Stiefel recht steif sind und sich eurer Fußform nicht anpassen werden. In der Zehenbox vorne sollte so viel Luft bleiben, dass ihr beim bergab gehen, nicht vorne anstoßt – sonst wird es auf Dauer sehr schmerzhaft. Ich bin mit einer 42,5 in meiner üblichen Größenordnung gelandet. Ich konnte keine erwähnenswerten Abweichungen bzgl. Länge, Breite, Höhe am Spann oder ähnliches feststellen.

Der sockenartige Schaft und die zwei-Zonen-Schnürung gefallen mir sehr gut. Damit lässt sich der Schuh sowohl am Fuß selbst als auch am Knöchel so schnüren, dass guter Halt gegeben ist und keine Blasengefahr durch Rutschen im Schuh besteht. Das ist jedoch auch stark von der jeweiligen Fußform abhängig.

Insgesamt ein gutes Tragegefühl. Auf anspruchsvollen Touren macht sich die Steifheit der Sohle bemerkbar und die Füße haben nach einem langen Tag im alpinen Gelände auch Mal etwas gedrückt. Das gehört meiner Meinung nach auf anspruchsvollen Touren aber dazu bzw. ist kaum zu vermeiden. Ich kenne zumindest keinen Bergstiefel, der sämtliche Annehmlichkeiten hinsichtlich Komforts und gleichzeitig die notwendige Steifheit, Robustheit, usw. mitbringt. Auch wenn der Schuh von Scarpa häufig mit einem guten Abrollverhalten in Verbindung gebracht wird, kann ich persönlich das nicht bestätigen. Bezüglich Passform kann ich nur den Tipp geben: Ab ins Sportgeschäft und reinschlüpfen.

 

2.2.3 Haltbarkeit

Insgesamt macht der Schuh einen soliden Eindruck. Das lange Hochtourenwochenende mit Kontakt zu Steigeisen und scharfen Felskanten hat jedoch schon sehr deutliche Spuren an Obermaterial und am Geröllschutz hinterlassen. Hier kenne ich von „klassischen“ Materialien, wie z.B. Leder, mehr Robustheit.

Beim ersten Schnüren sind mir die vergleichsweise dünnen Schnürsenkel aufgefallen. Hier hatte ich zunächst etwas Bedenken. Nach einem Jahr im Einsatz sind diese jedoch noch immer in einem einwandfreien Zustand.

Zusammenfassend zeichnet sich für mich ab, dass die speziellen Materialien, die den Ribelle eben zum „Lite“ machen, doch auch ihre Nachteile haben könnten und zu Lasten der Haltbarkeit gehen. Dies deckt sich auch mit diversen anderen Online-Erfahrungsberichten.

 

2.2.4 Nachhaltigkeit

  • Aussage laut Scarpa: „Made in Europe“
  • Mit dem Kunststoff-Obermaterial kommen im Vergleich zu Leder keine tierischen Materialen zum Einsatz (es gibt allerdings auch eine Leder-Version des Scarpa Ribelle)
  • Scarpa verpflichtet sich dem eigens benannten „Green Manifesto“, welches z.B. Recycelbarkeit und CO2-Reduktion vorsieht
  • Für den Ribelle Lite HD habe ich keine speziellen Zertifizierungen gefunden

 

2.2.5 Optik

Mit de blauen Streifen, dem großen Scarpa-Schriftzug auf der Außenseite sowie den blau-orangen-Sohlenelementen ist der Schuh schon ein Hingucker am Berg. Vor allem im Voralpenraum fällt man damit schon Mal auf. Wem die Variante „graue Maus“ noch nicht genug ist, greift zur schrillen Version ganz in orange. Neuerdings (ist mir erst bei der weiteren Recherche 02/22 aufgefallen) scheint es auch eine Variante in „cocoa-moss“ bzw. braun-moosgrün zu geben.

 

2.3 Preis-Leistungs-Verhältnis

Preise im Überblick:

  • UVP des Herstellers: 299,95 €
  • Mein bezahlter Preis (03/2021): 239,99 € (online)
  • Aktueller Preis (02/2022): im Sale teilweise schon ab 219,99 € zu haben

Den UVP von rund 300 € finde ich recht stolz. Für die von mir bezahlten 240 € habe ich für mich aber einen wirklich starken Allrounder bekommen. Zu diesem Preis ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, auch im Vergleich zu den Wettbewerbern. Zum UVP eher ein teurer Spaß.

 

2.4 Fazit & Empfehlung

In Summe bin ich mit dem Schuh nach einem Jahr sehr zufrieden. Für meine Einsatzzwecke hat er sich als stabiler und leichter Allrounder bewährt – trotz der kleinen Abstriche. Ich bin gespannt, wie gut er sich auf den zukünftigen Touren hält.

Empfehlung des Scarpa Ribelle Lite HD für:

  • Alpine Klettersteige (Grip)
  • Ausgedehnte Alpintouren / Hüttenwanderungen (Stabilität)
  • Winterwanderungen (Griffigkeit)
  • Leichte bis mittelschwere Hochtouren (Halt in Steigeisen)

Eher keine Empfehlung des Scarpa Ribelle Lite HD für:

  • Sehr regelmäßige Einsätze im hochalpinen Gelände (gefühlt begrenzte Haltbarkeit)
  • Hochtouren über 4.000m (Eis-Füße)
  • Mittelschwere Bergtouren bei sommerlichen Bedingungen (Schweißfüße)
  • Tagelange Schneeschuhtouren / Gebirgsdurchquerungen (eben nur fast wasserdicht)

 

3. Bilder

Scarpa Ribelle Lite HD - Seitenansicht
Seitenansicht

 

Scarpa Ribelle Lite HD - Rückansicht
Rückansicht mit Kante für Steigeisenaufnahme

 

Scarpa Ribelle Lite HD Sohlenansicht
Sohle - gut zu erkennen ist das Profil im Mittelfuß-Bereich

 

Scarpa Ribelle Lite HD Frontansicht
Frontansicht inkl. Schnürung und "Sock-Fit"-Aufbau

 

Sohlen-Schema
Sohlen-Schema

 

Technischer Aufbau
Technischer Aufbau

 

4. Weitere Infos zum Produkt

 

5. Über mich

Folgend ein paar Infos zu mir, um meine Bewertung einordnen zu können:

  • Männlich, 30 Jahre
  • 72 kg, 174 cm
  • Kleidergröße: S-M, Hosen in 30/30 bzw. 24/48
  • Schuhgröße: 42
  • Hobby-Berg-Sportler
  • Seit 5 Jahren regelmäßig in den Bergen unterwegs
  • Regelmäßige Bergtouren bis 25 km / 1.500 hm (ca. 10-15 pro Jahr)
  • Mehrtägige Hütten-Touren bis 5 Tage (2-3 pro Jahr)
  • Klettersteige bis Kategorie C/D (5-10 pro Jahr)
  • Hochtouren bis 4.000m (1-2 pro Jahr)
  • Indoor-Klettern bis UIAA 6 (wöchentlich)
  • Ski-Fahren – gemütlich (1-2 Wochenenden pro Jahr)

 

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