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Test: ROTHER BERGVERLAG Schwäbische Alb Mehrtagestouren - Wanderführer

ROTHER BERGVERLAG Schwäbische Alb Mehrtagestouren - Wanderführer
Guter Wanderführer mit Touren für jeden und jede Gelegenheit
Bewertung Ø: 4.00 Sterne

Vorteile

  • Kleines Format
  • Übersichtliche Karten
  • Detaillierte Beschreibung
  • Alternativrouten

Nachteile

  • Einband ist nicht sehr robust

Bewertung

Warum in die Ferne schweifen? Die Schwäbische Alb als eines der süddeutschen Mittelgebirge liegt für Menschen aus dem Stuttgarter Raum quasi vor der Haustür. Gerade bei einem Sommer wie diesem oder einem vollen Terminkalender bieten sich Wanderungen in der Nähe an, da man hier den weiten Anfahrtsweg spart. Aber auch für eine weitere Anfahrt ist die Schwäbische Alb lohnenswert. Zudem bietet sie Wandermöglichkeiten für das ganze Jahr.

Aussicht auf Neidlingen

Wie bei allen Rother Wanderführern ist der Aufbau gleich. Das erleichtert einem das Finden von der passenden Tour ungemein, denn kennt man den Aufbau eines Buches, kennt man alle. 

Zunächst gibt es ein Inhaltsverzeichnis, das sowohl den Schwierigkeitsgrad, die Tourenlänge und -distanz, die Tourenbezeichnung und die Seitenzahl Aufschluss gibt. Hier kann schon eine erste Vorauswahl getroffen werden. Ein Blick auf Seite 6/7 zeigt einem sofort, wo sich die Tour befindet. Damit findet man schnell Touren in der Umgebung eines möglichen Urlaubsortes oder Wunschstartpunktes. Auf der Rückseite des Einbandes ist nochmals eine Karten abgebildet. Diese enthält aber  nicht alle Touren und bietet eher einen Überblick, für welche Region man in diesem Wanderführer Touren finden kann. 

Das besondere an diesem Wanderführer ist, dass er klar zwischen Etappen verschiedener Wanderwege und Rundtouren unterscheidet und entsprechend gliedert. So kann man sich die Arbeit sparen und für eine Wochenendtour zu suchen, welche Touren man verbinden könnte. Man kann sich einfach aus einem der Wanderwege die Etappen raussuchen, die man gehen möchte. Jede dieser Etappen kann aber auch einzeln gegangen werden. Man findet wohl nahezu überall die entsprechende Anbindung mit Bus und eventuell Bahn um wieder an den Startpunkt zu gelangen. 

Im Anschluss an die Karte sind die empfohlenen Toptouren aufgeführt in aller Kürze. Genaueres findet man dann auf der entsprechenden Seite der Tourenbeschreibung.  Daran schließ sich ein Kapitel über allgemeine Lesehinweise und Informationen sowie Tipps zur Planung, Anreise und Umsetzung. Ein weiteres Kapitel ist der Schwäbischen Alb, deren Landschaft und Pflanzen gewidmet. Tatsächlich hat die vielleicht auf den ersten Blick eher etwas unscheinbare Alb da einiges an geologisches Kostbarkeiten zu bieten. So wurde die Schwäbische Alp 2009 von der UNESCO zum Biosphärengebiet mit ca. 85.000 Hektar und 2015 zum Geopark erklärt. Durch die Weitläufigkeit der Schwäbischen Alb kann man sich hier außer vielleicht an einem sonnigen Sonntag wirklich sehr ungestört auf vielen Routen bewegen. Es gibt reichlich Platz und Ruhe und durch die geologische Architektur auch immer wieder schöne und überraschende Ausblicke entweder auf den Großraum Stuttgart oder aber in einsame und stille Täler. 

Nach einem kurzen Abriss zum Fernwanderweg Albtraufgänger Weg auf der Ostalb mit 113 km geht es dann auch schon zu den Touren.

Von den 55 Touren sind 2 als schwarze also schwere Touren markiert. Die anderen sind ungefähr hälftig als rote und blaue Touren eingestuft. Für den Bergwanderer in mir ist das natürlich schade. Aber erstens ist es eben ein Mittelgebirge und keine Alpen und zweitens gibt es Wetterlagen und Jahreszeiten, wo auch eine einfachere Tour gute Dienste tut. So kann der Wanderführer wirklich das ganze Jahr über genutzt werden. Durch den Albtrauf und die damit verbundenen Höhenunterschiede ist es nicht selten so, dass im "Unterland" um Stuttgart im Winter Schneematsch oder kalter Regen herrschen während man Glück haben kann und auf der Alb einen eine geschlossene Schneedecke willkommen heißt.

Wir haben uns aus den Toptouren eine zum Testen heraus gesucht. Weitere folgen sicherlich im Herbst, wenn sich die Alb wunderschön bunt färbt.

Die Burgruine Reußenstein findet gleich mehrere Male Erwähnung bei den Tourenbeschreibungen. Zu recht, denn es ist eine wunderschöne und gut erhaltene Ruine, die im Gegensatz zu manch anderen dennoch einen verträumten und ein wenig vergessenen Eindruck macht. Sie ist Teil der ersten Etappe auf dem Albtraufgängerweg zwischen Wiesensteig und Deutschem Haus. Es gibt sie aber auch als Teil der Bossler-Wanderung als Rundtour.

Tour 8 Bossler, 794 m

Bossler 1

Bossler 2

 

In der Titelzeile findet man neben dem oben genannten noch auf die Schnelle die Details, dass die Rundtour 15 km lang ist, eine Gehzeit von 4.50 Std umfasst und 600 Höhenmeter überwindet.

Startpunkt ist Neidlingen auf der Alb. Von Stuttgart aus ca. 50 km entfernt. 

Die Anforderungen beziehen sich auf den schmalen und steinige Aufstieg zum Bossler und den sehr steilen Abstieg zum Deutschen Haus. 

Ich bin bereits am Vorabend nach Neidlingen gefahren und habe in der Nähe der Burgruine übernachtet. Dies hat mir den Sonnenuntergang auf der Ruine bei stürmischem Wind und kühl bis rauer Atmosphäre aber dafür wundervoll ruhig und einsam beschert. Die steilen und dicht bewaldeten Albtraufhänge wirkten hier fast wie Urwald. Man konnte sich herrlich vorstellen, wie früher wohl alles hier so ausgesehen haben mag.

Mit leichtem Gepäck und nach einer regnerischen Nacht ging es los. Es hatte bis in den Morgen geregnet aber hörte zum deswegen verspäteten Aufbruch pünktlich auf. Die Wegbeschreibung im Wanderführer ist absolut ausreichend. Zusammen mit einem wirklich gut ausgebauten Schild- und Wegenetz auf der schwäbischen Alb konnten wir problemlos der Routenführung folgen.

Ich habe in den letzten 2 Jahren diverse Albtraufwanderungen gemacht aber keine nach so ergiebigen Regenfällen. Trotz viel Erfahrung, Trittsicherheit und gutem Schuhwerk hat die Tour uns wetterbedingt viel Aufmerksamkeit abverlangt. Daher war ausnahmsweise auch die Zeitangabe absolut zutreffend. In der Regel gehe ich schnell und bin daher meist inklusive aller Pausen dennoch deutlich früher als die angegebene Gehzeit wieder am Ziel. Dieses mal hat die Gehzeit fast gepasst. Die Gehzeiten, die in den Wanderführern angegeben sind, sind reine Weg-Zeit-Berechnungen und sollen die benötigte Zeit des durchschnittlichen Wanderers angeben. Jeder sollte da ehrlich zu sich selbst sein. Ob jemand schneller oder langsamer geht, gehen in einer nicht homogenen Gruppe benötigt ebenfalls mehr Zeit. Genauso wie das Wandern mit Kindern. Es ist wichtig, dass man sich selbst realistisch einschätzt um keine bösen Überraschungen zu erleben. 

Der erste Anstieg auf den Albtrauf war wie sie eben sind. Steil und mit viel Wald umgeben. Die Höhenmeter bei den Albtraufwanderungen sind sehr ungleich verteilt. Kurze, teils sehr steile Anstiege, dann häufig wunderschöne und entspannte Traufkantenwanderungen mit tollen Ausblicken und dann wieder steile Abstiege. 

Ausblicke

Bei unserer Wanderung gab es das auch, allerdings nicht nur einmal. Der Albtrauf hat ca. einen Höhenunterschied von 200 Metern. Bei 600 hm Höhenunterschied bei der Wanderung geht es also nochmal irgendwo hoch. Das hatten wir nicht ganz auf dem Schirm und so ging es bei dieser Wanderung 2 mal den Albtrauf hoch und dann nochmal einige kleinere Anstiege. Grundsätzlich begrüßenswert, da ich meine Wanderungen meist danach aussuche, dass ich gern hoch möchte. 

Die oben bereits erwähnten Regenfälle machten dies aber beschwerlich. Der erste Aufstieg war noch ok vom Untergrund. Wirklich schöne Obstbaumwiesen wechselten bald mit den steilen Traufwäldern ab. Mein Hund freute sich über die Bäche und Pfützen mit frischem Regenwasser. Ansonsten ist man auf der Alb gut damit beraten seine Wasservorräte auch für die Hunde selbst mitzunehmen. Durch das Karstgestein versickert das meiste und abgesehen von den Flüssen in den Tälern ist es häufig eher trocken.

Traufkante  mei

Bereits die Traufkantenwanderung war nicht ganz so mühelos wie ich das gewohnt war und erwartet hätte. Wunderschöne schmale Pfade schlängeln sich direkt an der Abbruchkante entlang. Es geht meist nicht senkrecht hinab, aber für Kinder und Hunde besteht schon erhöhte Aufmerksamkeit. Durch den vielen Regen waren die Wege sehr schmierig und an Stellen, an denen der Weg seitlich geneigt war fehlte tatsächlich auf dem eigentlich  leichten und fast ebenen Weg der Halt. Immer wieder gab es Nischen in der Bewaldung und man konnte von kleinen Felsplateaus aus ins Tal blicken. Je nach Windrichtung kann man oft die Autobahn hören, auch wenn sie weit weg ist und man sie nicht sieht. Ausblicke nach Neidlingen, Richtung Stuttgart und zur Burg Teck sind wirklich lohnenswert und für den Ortskundigen interessant den Großraum von oben zu betrachten. Über eine Stunde wandert man so an der Kante entlang. Bänke und teilweise auch Tische laden zum Verweilen ein. Vom Startplatz der Gleitschirmflieger aus hat man ebenfalls eine tolle Aussicht. 

Die kleine Katzmaierhöhle ist im ersten Augenblick nur ein Loch direkt am Wegesrand. Wer möchte und keine Angst vor Spinnen hat, kann allerdings ein paar Meter in die Tiefe hinein klettern.

Höhle Bossler

Der Jahrhundertstein ist Ort für Stille und Verweilen, zum Nachdenken und vielleicht Diskutieren. Hier wurden in Mauerstücke Begriffe gemeißelt, die das letzte Jahrhundert geprägt haben. Schöne und aber auch kritische.

Jahrhundertstein

Der Abstieg zum Deutschen Haus, was übrigens ein Hotel ist und keine Hütte, wie wir dachten, ist wirklich sehr steil. Bei diesen Untergrundbedingungen wirklich anstrengend, auch wenn es "nur" ein Mittelgebirge ist. Aus diesem Grund haben wir auch deutlich länger gebraucht als sonst. Das schmierige Erdreich setzte sofort das Profil der Bergschuhe zu und so blieb nur die Rutschpartie. Auch kleinere Felsstücke oder Wurzeln, an den man sonst wieder Halt findet, waren an dem Tag kaum eine Hilfe, denn durch die verschmierte Sohle, rutschte man auch darauf nur weiter aus. Es blieb nur konzentriertes Gehen und immer wieder Bremsen an einem der zahlreichen Bäume. Beim Bergabgehen meinte ich irgendwann das wäre ich lieber hoch als runter gestiegen. Bald darauf durften wir erfahren, dass diese Rutschpartie auch bergauf nur wenig Spaß macht, da man kaum von der Stelle kam.

An dieser Stelle möchte ich wirklich betonen, dass auch ein Mittelgebirge wie die Schwäbische Alb nicht zu leichtfertig begangen werden sollte. Auch hier gab es immer wieder Wegkreuze, die an Verstorbene erinnerten. Wenn auch eines davon an den Absturz eines Düsenjets, der ausgerechnet 3 Wanderer traf. 

Im Weiteren Verlauf wurde es immer einsamer und verwunschener bis wir nach 6 Stunden inklusive Pausen wieder in Neidlingen ankamen. 

Seerosen Museum 

Es ist wirklich eine nette und sehr abwechslungsreiche Tour, die bei gutem Wetter von jedem zu gehen ist, der einigermaßen trittsicher ist. Als Winterwanderung würde ich es aufgrund des steilen Abstiegs zum Deutschen Haus eher nicht empfehlen, es sei denn der Schnee ist wirklich griffig oder  man ist entsprechend ausgestattet. Durch die Anforderungen des Untergrundes fühlten sich die 600 Höhenmeter auch nach mehr an und so war das große Eis im Nachbarort dann wohlverdient. 

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