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Test: SCARPA Phantom 8000 HD - Bergstiefel, Expeditionsstiefel, Herren

SCARPA Phantom 8000 HD - Bergstiefel, Expeditionsstiefel, Herren
Stiefel für extreme Kälte und Expeditionen über 7.000 Meter
Bewertung Ø: 5.00 Sterne

Vorteile

  • Sehr warm
  • Griffige Sohle
  • Gute Passform, halbwegs bequem
  • Widerstandsfähig, stabile Gamasche

Nachteile

  • Passt nicht zu allen Steigeisen

Bewertung

1. Produktbeschreibung

Bei dem Scarpa Phantom 8000 HD handelt es sich um den wärmsten konventionellen Schuh den Scarpa aktuell im Angebot hat. Er wurde explizit für den Einsatz an den höchsten Bergen im Himalaya und für Expeditionen in sehr kalte Regionen (Antarktis, Denali, Winterexpeditionen) entwickelt. Er kommt mit einer integrierten Gamasche und einem herausnehmbaren Thermo-Innenschuh. Ich habe den Schuh 2022 für 600 € im Angebot gefunden, aktuell findet man ihn für ca. 700 € (je nach Größe).

Zusammen mit Nimsdai hat Scarpa inzwischen den Phantom 8000 Thermic HD entwickelt, der über eine beheizbare Sohle verfügt und einen integrierten Recco-Reflektor (Lawinensuchsystem) hat. Der Schuh ist aktuell für 1.300 € in den Shops zu finden und damit deutlich teurer als der "normale" Phantom 8000.

Gerade für Frauen, die tendenziell mehr Probleme mit der Kälte und insbesondere mit den Füßen haben, ist das auf jeden Fall eine Überlegung wert und eine sinnvolle Alternative zu Schuhen und separaten beheizten Sohlen.

Nepal 1
Im Einsatz am Baruntse (Lager 1, ca. 6.150m) mit dem Makalu im Hintergrund.
Nepal 2
Kurz unterhalb von Lager 2 (ca. 6.300m) am Baruntse.

 

2. Vorteile

  • Sehr warm: Bei seinem geplanten Einsatz wird die Wärmeleistung des Schuhs immer das ausschlaggebende Argument sein. Die Kälte und damit einhergehend die Gefahr von Erfrierungen sind einfach die größten Probleme bei dementsprechenden Unternehmungen.

    Der Schuh erreicht die herausragende Isolierung durch den speziellen Aufbau: Eine dicke Sohle aus Carbon, EVA-Schaum, Kork und Aluminium sorgt für einen herausragenden Wärmerückhalt und hält gleichzeitig die Kälte vom Eis fern. Der separate Thermo-Innenschuh, ebenfalls aus EVA-Schaum, Aluminium und Primaloft, sorgt für eine weitere Isolation und ein angenehmes Tragegefühl. Die kniehohe Gamasche wiederum verhindert effektiv, dass eine Kältebrücke im Bereich der Knöchel entsteht oder die Unterschenkel kalt werden.

    Das Konkurrenzmodell von La Sportiva (Olympus Mons Cube) hat insgesamt drei Schuhe (Schale, Knöchelhoher Innenschuh, sehr dünner Innenschuh). Am Ende wird hier eher der Komfort unterscheiden, einen großen Unterschied in der Wärmeleistung kann ich mir nicht vorstellen.

    Ich hatte bei meiner Expedition zum Himlung als Isolationsschicht an den Beinen tatsächlich nur eine billige 50 € Wolle/Prima-Loft Hose an (nicht zu empfehlen, kauft euch was Gescheites mit (Kunst)Daunen!) und deswegen schon nach kurzer Zeit ziemlich kalte Beine. Dank den Schuhen sind meine Füße und Zehen jedoch warm genug geblieben, auch wenn von oben nicht arg viel warmes Blut nach unten kam. So war mir zwar nicht warm, aber ich bin ohne Schäden an den Füßen wieder nach unten gekommen.

    Bei meiner diesjährigen Expedition am Baruntse hatte ich tatsächlich auch eine warme Daunenhose an, sodass das Gefühl in den Füßen deutlich besser war. Wirklich warm waren sie zwar immer noch nicht, aber definitiv deutlich wärmer als letztes Jahr.

    Für empfindliche Füße wäre es eine Überlegung wert separate Merinowoll-Einlegesohlen (Gibt es zum Zuschneiden) zu kaufen und den Schuh eine halbe Nummer größer zu nehmen um die Sohle so noch einlegen zu können. Am besten einfach ausprobieren, ob das passt, bevor man die Schuhe kauft!  

  • Griffige Sohle: Eine VIBRAM-Sohle gehört mittlerweile ja schon fast zur Standard-Ausrüstung von Outdoor-Schuhen und kommt auch hier zum Einsatz. Sie weist ein dementsprechend tiefes Profil auf und so kann man auch mal ein Schneefeld queren, ohne direkt die Steigeisen anlegen zu müssen. Gerade bei kurzen Wanderungen rund ums Basecamp oder auf dem Weg zum ersten Hochlager ist dies angenehm und spart dementsprechend Kraft.

    Nur eine Anmerkung: Die Innenschuhe sind komplett glatt. In der ersten Nacht im Basecamp musste ich dringend aufs Klo und bin in diesen kurz vors Zelt getreten und direkt gestürzt. Die Innenschuhe haben wirklich weniger als gar kein Griff - mit denen kann man wirklich nur im Zelt laufen, alles nasse oder gefrorene wird hier zu Schlitterpartie! Was im Basislager noch lustig klingen mag, kann in den Hochlagern schnell gefährlich werden!  

  • Passform: Ich habe recht lange und schmale Füße und komme mit den Scarpa gut zurecht. Ich trage immer zwei Paar Socken bei den Gipfelanstiegen (langer Merino-Liner, dicker Merino-Socke darüber) und habe so ein angenehmes Gefühl im Schuh ohne zu viel Gespür zu verlieren. So kann man die Steigeisen immer noch präzise setzen ohne sich Blasen zu laufen. Der Schuh ist natürlich kein Joggingschuh, wirklich bequem ist er nicht und das Laufen macht auch nicht arg viel Spaß. Er ist aber insgesamt, auch bei längeren Strecken mit einem schweren Rucksack, bequemer zu laufen als ich es zunächst erwartet hätte. Hier war ich tatsächlich positiv überrascht.  
  • Widerstandsfähig: Gerade im steilen Gelände oder im Schnee kommt es dann doch mal vor, dass der Schuh Kontakt zu den Steigeisen hat. Sowohl der Schuh selbst als auch die Gamaschen haben den Kontakt bisher aber völlig problemlos überstanden. Gerade von den Gamaschen hat mich das dann doch überrascht, da diese "recht dünn" sind und ich nicht gedacht hätte, dass sie so ein Steigeisen problemlos wegstecken. Man sollte es natürlich nicht übertreiben und aufpassen, aber es ist trotzdem nice-to-know, dass die Schuhe es einem auch verzeihen.

    Mit den verwendeten YKK-Reißverschlüssen hatte ich noch nie Probleme, weder bei diesem Schuh noch bei anderen. Auch vereist und verstaubt haben sie ihren Zweck bislang immer problemlos erfüllt.

    Auch der Kontakt mit scharfem Fels hat den Schuhen bisher nicht geschadet, gerade bei meiner letzten Expedition (siehe Bild) waren wir dann doch des Öfteren im blanken Fels unterwegs. Dank der Vibram-Sohle hatte man immer guten Halt und die Abnutzung ist weniger als erwartet.

    Klettern
    Die Klettereinheiten am Baruntse hat der Schuh auch problemlos überstanden. Normalerweise mit Steigeisen in Eis und Schnee, dieses Jahr in fast blankem Fels.

  • Gewicht: Mit 1.526 Gramm (Größe 46, nachgemessen) sind die Schuhe, insbesondere für die Größe und Wärmeleistung, wahnsinnig leicht. Wenn man den LaSportiva Nepal Extreme (Größe 47,5) mit 1.367 Gramm als Vergleich heranzieht, so ergibt sich nur eine Differenz von nur 159 Gramm pro Schuh und das obwohl der Phantom 8000 deutlich wärmer und größer ist!

 

3. Nachteile

Der einzige Nachteil der mir bislang aufgefallen ist, ist dass nicht alle Steigeisen auf den Schuh passen. Er ist für vollautomatische Steigeisen konstruiert (Aufnahme vorne und hinten). Da der Schuh gerade im vorderen Bereich jedoch sehr breit ist, passen nicht alle Steigeisen. Hier ist es einfach wichtig vor einer Reise zu schauen, ob die Steigeisen auch wirklich auf den Schuh passen.

Am besten im Garten einfach mal alles so einstellen, wie man es am Berg auch machen würde und schauen, ob alles passt und hält! Bislang im Einsatz hatte ich die Schuhe mit den Edelrid Shark und den Petzl Lynx.

Steigeisen
Auf dem Gipfel des Himlung 7.126 Meter mit den Edelrid Shark.

4. Fazit

Zusammen mit dem Olympus Mons Cube die absolute Königsklasse was Schuhe fürs Höhenbergsteigen angeht. Der Anschaffungspreis ist natürlich schon eine Hausnummer, aber wie hat mal ein Bekannter gesagt: "Sieh es nicht als 700 € Anschaffung, sondern als 70 € Versicherung pro Zehe".

Mit diesen Worten im Hinterkopf dürfte es jedem klar sein, dass das der falsche Punkt ist um zu sparen. Mit kalten Füßen wandert und klettert es sich schlecht und mit erfrorenen Zehen noch viel schlechter.

Als Tipp: oft bekommt man die Schuhe, gerade das Vorgängermodell, recht günstig auf Ebay oder Ebay-Kleinanzeigen, da viel nur eine 8.000er-Expedition machen und ihre Ausrüstung im Anschluss verkaufen. Wem gebrauchte Schuhe egal sind, der kann hier oft ein richtiges Schnäppchen machen (aktuell 400-500 €).

 

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Expetitionsschuh für die ganz hohen Berge
Bewertung Ø: 5.00 Sterne

Vorteile

  • warm
  • wasserdicht
  • herausnehmbarer Innenschuh
  • gutes Schürsystem
  • hohe Gamasche
  • abgedichteter Reisverschluss

Nachteile

  • "Schnürung" des Innenschuhs
  • der Schaft hat bei mir anfangs gedrückt

Bewertung

Der Phantom 8000 eignet sich für Expeditionen auf Berge über 6000 Meter Höhe. Bei niedrigeren Bergen oder 6000ern in wärmeren Regionen ist er deutlich zu warm, da ist man mit einem weniger klobigeren Schuh besser bedient.

Die am Markt befindlichen Expeditionsschuhe unterscheiden sich in der Qualität nur geringfügig. Der erste Augenmerk ist auf eine gute Passform zu legen. Da ich einen sehr schmalen Fuß habe war der Phantom 8000 einer der wenigen Expeditionsschuhe die mir gepasst haben.

Positiv zu vermerken ist, dass das Schürsystem sich gut mit Handschuhen bedienen lässt.

Nicht so begeistert hat mich die "Schnürung" des Innenschuhs. Dieser wird nur mit einem Klettverschluss verschlossen. Dadurch passt er sich nicht optimal dem Fuß an.

Bei mir hat bei der ersten Tour der Schaft am Bein gedrückt. Das hat sich nun aber gegeben.

PS: Expeditionsschuhe immer 1,5 bis 2 Nummern größer als die Straßenschuhgröße kaufen.

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