Im test

Test: BLACKROLL Mini Flow Faszienrolle - Faszienrolle

BLACKROLL Mini Flow Faszienrolle - Faszienrolle
Völlig überHYPED und doch brauchbar (Regeneration auf Tour)
Bewertung Ø: 3.00 Sterne

Vorteile

  • klein und leicht (15 x 5.3 cm, 22 g) für unterwegs
  • unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit
  • gutes Handling durch rutschfeste Oberfläche
  • verbessert Regeneration durch Muskelkaterreduktion
  • kurzzeitige Flexibilitätssteigerung ohne Leistungseinbußen
  • Muskelentspannung und Schmerzlinderung liegen nahe

Nachteile

  • absolut überzogener Hype!
  • Wirkungsmechanismus und Effekte weitgehend unklar
  • steigert wahrscheinlich nicht die Leistungsfähigkeit
  • senkt wahrscheinlich nicht das Verletzungsrisiko
  • strafft wahrscheinlich nicht das Bindegewebe
  • steigert nicht langfristig die Flexibilität

Bewertung

Auf längeren Touren und nach dem Training ist die Regeneration verdammt wichtig. Dehnen und Massage, aber auch gute Verpflegung und ausreichend Schlaf sind dafür entscheidend. An die Hilfsmittel zur Massage habe ich als Bergsteiger, UL-Wanderer und Bikepacker jedoch besondere Anforderungen. Sie müssen unglaublich klein und leicht sein. Sonst laufen sie Gefahr, beim finalen Durchgehen der Packliste, wieder raus zu fliegen. Denn für den Erfolg einer Tour sind sie als Luxusgegenstände nicht essentiell. Andererseits gibt es durchaus Kandidaten, wie die Faszienrolle Mini Flow von Blackroll, deren Gewicht und Packmaß im Schatten des Mehrwerts verschwinden zu scheinen.

beim Sportklettern an der HalleBlackroll mit Kletterschuhen

Rolle an sich

Die Rolle ist aus dem Kunststoff Polypropylen gefertigt und damit sehr leicht, formstabil und wasserfest. Die Oberfläche ist durch feine Längsriffeln rau, damit sie sich rutschfest und zuverlässig über die Haut oder Bekleidung rollen lässt. Die gröbere Wellenstruktur könnte einen die Rollenform an sich ergänzenden Effekt auf die oberen Gewebeschichten haben. Längs befindet sich ein 1,5 cm breites Loch in der Mitte der Rolle, durch das ein Stab geführt und die Rolle wie ein Nudelholz zum Abrollen benutzt werden kann.

Die Rolle wird in Deutschland mittels Spritzgussverfahren gefertigt und sollte nach ihrer Lebenszeit als Wertstoff entsorgt werden. PP ist leider nicht der umweltfreundlichste und nachhaltigste Werkstoff, dafür jedoch ein günstiger mit guten Materialeigenschaften.

BlackRole Seitenansicht 1BlackRole Seitenansicht 2

Wie und wobei die Rolle alles helfen soll

Die Faszien sind ein die Muskulatur umhüllendes kollagenhaltiges Gewebe, das zahlreiche Funktionen erfüllt. Dieses soll durch Bewegungsmangel, Überlastung, einseitiges Training, Fehlhaltungen, Stress und Schlafmangel verkleben, Diese Verklebungen / Adhäsionen sollen die Muskelarbeit beeinträchtigen, die Kraftübertragung zwischen den Muskeln beeinträchtigen und damit zu Koordinationsstörungen führen. Eine verschlechterte Körperhaltung und Steifigkeit sollen damit einher gehen. Des Weiteren soll dies Grund für Schmerzen und Muskelkater sein und Sportverletzungen sollen hauptsächlich dadurch verursacht werden. [1]

Der Wirkungsmechanismus der Faszientherapie ist bisher nicht bekannt. Die oft benannte Wirkung mechanischer Natur ist sogar wiederlegt. Derzeit scheint eine Wirkung über einen neurophysiologischen Weg wahrscheinlich. Die Stimulation von Mechanorezeptoren könnte dabei zu einer Entspannung von Muskeln und Faszien führen. [2]

Vor dem Hintergrund dieser angeblichen Grundlage und dem ungeklärten Wirkungsmechanismus soll die Faszienrolle zu folgenden Zwecken eingesetzt werden: Reduktion von Muskelkater, Erhöhung der Beweglichkeit, Steigerung der Leistungsfähigkeit, Senkung des Verletzungsrisikos, Lösen von Verspannungen, Straffung des Bindegewebes, Linderung von Schmerzen

Unterarm nach dem Klettern abrollenFüße nach dem Klettern, Laufen, Radfahren abrollen

Welche Effekte bisher nachgewiesen wurden

Literatur zur Rollenmassage gibt es bisher nur zu folgenden Themen: Flexibilität, Leistungsfähigkeit, Muskelkater, arterielle Gefäßsteifigkeit

Eine kurzfristig anhaltende Verbesserung der Flexibilität konnte in den meisten Studien zur kurz- und langfristigen Steigerung der Flexibilität nachgewiesen werden. [3]

Im Gegensatz zum (passiven) Dehnen, das bei Kraft- und Explosivsportarten die Leistungsfähigkeit verringern kann, wurde bei der Rollmassage keine negativer Effekt auf die Leistungsfähigkeit nachgewiesen. [4]

Ein Muskelkater lässt sich signifikant reduzieren. [5]

Die arterielle Funktion wird verbessert. (Die arterielle Gefäßsteifigkeit erlaubt eine prognostische Aussage über das Risiko eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen.) Die Studienlage ist allerdings zu dünn für eine Empfehlung. [6]

Feinstruktur 2Detailaufnahme Struktur 3

Welche Effekte bisher nicht nachgewiesen wurden (naheliegend, abwegig, wiederlegt)

Literatur zur Rollenmassage zu folgenden Themen gibt es gar nicht: Senken des Verletzungsrisikos, Lösen von Verspannungen, Straffung des Bindegewebes, Schmerzreduktion - Allgemeine Aussagen zu diesen Themen sind jedoch auf Grund themenverwandter Studien machbar.

Dehnen (eine andere Art der Faszientherapie) senkt das Verletzungsrisiko nicht. Warum sollte also die Rollenmassage Verletzungen an Bändern, Sehnen, Muskelfaszien durch ein flexibleres Fasziensystem vermeiden helfen? [7]

Die Rollenmassage könnte ähnlich wie andere Massageformen kurzzeitig die Muskelspannung senken. [8]

Da eine Übersichtsarbeit zum Thema Cellulite (inkl. 4 Studien zum Effekt von Massage auf Cellulite) zum Ergebnis kommt, dass es keine effektive Behandlung gibt, erscheint es äußerst fragwürdig, dass die Rollenmassage das Bindegewebe straffen können soll. [9]

Eine Übersichtsarbeit zum Thema Massage und Rückenschmerzen legt nahe, dass auch die Rollenmassage sich positiv auf Schmerzen auswirken kann. [10]

Eine langfristige Flexibilitätssteigerung durch einen Faszienrolleneinsatz über einen längeren Zeitraum konnte in Studien zur kurz- und langfristigen Steigerung der Flexibilität nicht nachgewiesen werden. [11]

Equipment für´s PackRunning - Marathon, Schlafen, Marathon - 1Equipment für´s PackRunning - Marathon, Schlafen, Marathon - 2

Daten

Gewicht: 22 g

Maße: 15 x 5.3 cm (Länge x Durchmesser)

Oberfläche: Feinstruktur auf Wellenstruktur auf Rolle

Material: Polypropylen

Hergestellt in Deutschland

Größenvergleich mit Nalgene 1LGrößenvergleich mit Nalgene 1 L

Übungen

Als Aufwärmwerkzeug würde die Rolle nur Sinn ergeben, wenn eine erhöhte Beweglichkeit ohne Leistungseinbußen gewünscht ist. Beim Abkühlen kann die Rolle zum Vorbeugen und Reduzieren des Muskelkaters eingesetzt werden. Weitere Empfehlungen können auf Grund der Studienlage einfach nicht gegeben werden.

Es gibt aber ein paar spannende Übungen für die sich diese Rolle eignet. Der geringe Durchmesser und die dadurch geringere Auflagefläche führt zu einem konzentrierteren Druck, der tiefere Schichten erreichen kann. Diese Rolle eignet sich damit besonders für das Abrollen schmalerer Muskelstränge, wie z.B. den Unterarmen nach dem Klettern, oder den Fußsohlen und Waden nach dem Radfahren oder Laufen.

Auf der Homepage von Blackroll finden sich Übungen für Fußsohle, Ober- und Unterarm, Rumpfseite und Rücken, Schienbein, Wade und Oberschenkel. Diese Übungen arbeiten überwiegend mit dem eigenen Körpergewicht.

Eine weitere Übung für den Unterarm habe ich nach dem Klettern bei einer professionellen Massage gelernt. Dazu stelle ich mich neben eine Wand, drehe die Hand des herunter hängenden Armes mit dem Daumen zur Wand hin und klemme die Rolle zwischen Wand und den oberen Teil des Unterarms. Mit Auf- und Abbewegungen kann so der obere Muskel abgerollt werden.

unterwegs beim Marathon die Wade abrollenzu Hause nach dem Lauen die Wade abrollen

Mein Set

Ich nutze zu Hause die gleiche minimalistische Ausrüstung, deren Bestandteile ich auch mit auf eine Tour nehmen würde. Die Faszienrolle ergänzt dabei optimal meinen Kork- und meinen Igelball. Jedoch nutze ich auch das Nudelholz aus meiner Küche. Ich denke ein wenig Massage kann nie schaden, habe so im Camp auch auf Solotouren ein wenig was zu tun und greife in schweren Fällen schon mal zur Wärme-Salbe, aber nie zu Medikamenten. Weiter oben ist mein Set von einer PackRunning Tour zu sehen. Die Nacht zwischen zwei Marathonläufen mit 10 kg Gepäck schien etwas wenig Regenerationszeit und so habe ich die Rolle mitgenommen. Letztlich habe ich sie nicht nur morgens und abends, sondern auch zwischendurch genutzt, um meine Waden zu lockern.

mein persönliches Massageset

Resümee

Das Abrollen mit einer Rolle ist deutlich einfacher als mit einem Ball. Zudem kann ich das zusätzliche Packmaß auf Grund des geringen Gewichts ganz gut verkraften. Jedoch ist der Hype um Faszientherapie und Rolle vollkommen überzogen. Helfen soll sie gegen so ziemlich alles. Tatsächlich hilft sie aber nur durch kurzfristige Flexibilitätssteigerung und Muskelkaterreduktion. Zudem könnte sie zur verbesserten arteriellen Funktion, Muskelentspannung und Schmerzlinderung beitragen. Wobei das natürlich auch schon was ist. Ich selbst nutze die Rolle nach dem Training und abends auf Touren und habe mich ihrer schon nach mehrere hundert Kilometer langen Radtouren und einer zweitägigen fast 100 km langen PackRunning Tour erfreut. Da bei solchen Produkten jedoch gesicherte Erkenntnisse mehr wiegen als Einzelerfahrungen und Meinungen habe ich mich für euch mal eingelesen und selbst noch einiges dabei gelernt.

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Quellen

Artikel zum Thema, sowie weitere Artikel zur evidenzbasierten Physiotherapie findest du hier: https://evidenzbasiertephysiotherapie.de/die-faszienrolle-ein-hype/ und hier https://evidenzbasiertephysiotherapie.de/faszientherapie-sinnvoll-oder-… (zuletzt abgerufen am 04.07.2020).

[1] Schleip R., Faszienfitness, Riva Verlag, 1.Auflage 2014

[2] Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

[3] Cheatham, Scott W., et al. “THE EFFECTS OF SELF‐MYOFASCIAL RELEASE USING A FOAM ROLL OR ROLLER MASSAGER ON JOINT RANGE OF MOTION, MUSCLE RECOVERY, AND PERFORMANCE: A SYSTEMATIC REVIEW.” International journal of sports physical therapy 10.6 (2015): 827, Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

[4] Cheatham, Scott W., et al. “THE EFFECTS OF SELF‐MYOFASCIAL RELEASE USING A FOAM ROLL OR ROLLER MASSAGER ON JOINT RANGE OF MOTION, MUSCLE RECOVERY, AND PERFORMANCE: A SYSTEMATIC REVIEW.” International journal of sports physical therapy 10.6 (2015): 827, Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

[5] Cheatham, Scott W., et al. “THE EFFECTS OF SELF‐MYOFASCIAL RELEASE USING A FOAM ROLL OR ROLLER MASSAGER ON JOINT RANGE OF MOTION, MUSCLE RECOVERY, AND PERFORMANCE: A SYSTEMATIC REVIEW.” International journal of sports physical therapy 10.6 (2015): 827, Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

[6] Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

[7] Thacker, Stephen B., et al. “The impact of stretching on sports injury risk: a systematic review of the literature.” Medicine & Science in Sports & Exercise36.3 (2004): 371-378,Herbert, Rob D., and Michael Gabriel. “Effects of stretching before and after exercising on muscle soreness and risk of injury: systematic review.” BMJ: British Medical Journal 325.7362 (2002): 468, McHugh, Malachy P., and C. H. Cosgrave. “To stretch or not to stretch: the role of stretching in injury prevention and performance.” Scandinavian journal of medicine & science in sports 20.2 (2010): 169-181, Small, Katie, Lars Mc Naughton, and Martyn Matthews. “A systematic review into the efficacy of static stretching as part of a warm-up for the prevention of exercise-related injury.” Research in Sports Medicine 16.3 (2008): 213-231.

[8] Eriksson Crommert, Martin, et al. “Massage induces an immediate, albeit short‐term, reduction in muscle stiffness.” Scandinavian journal of medicine & science in sports 25.5 (2015): e490-e496.

[9] Zerini, Irene, et al. “Cellulite treatment: a comprehensive literature review.” Journal of cosmetic dermatology 14.3 (2015): 224-240.

[10] Furlan, Andrea D., et al. “Massage for low back pain: an updated systematic review within the framework of the Cochrane Back Review Group.” Spine 34.16 (2009): 1669-1684.

[11] Beardsley, Chris, and Jakob Škarabot. “Effects of self-myofascial release: A systematic review.” Journal of bodywork and movement therapies 19.4 (2015): 747-758.

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