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Test: REDSHIFT ShockStop Suspension Stem - gefederter Vorbau

REDSHIFT ShockStop Suspension Stem - gefederter Vorbau
Unauffällige 20 mm Federung für Renn-, Gravel-, Trekkingbike
Bewertung Ø: 5.00 Sterne

Vorteile

  • 10 - 20 mm Travel (je nach Lenkertyp)
  • Steifigkeit einstellbar (Körpergewicht u. Lenkertyp)
  • schlank und unauffällig, fast wie normaler Vorbau
  • mit positivem oder negativem Winker einbaubar
  • entschärft harte Schläge und schont Handgelenke
  • wartungsfrei, Ersatzteile und Zubehör erhältlich

Nachteile

  • 10 - 20 mm Travel sind jedoch auch nicht viel
  • Kosten-Nutzen-Verhältnis ist so ne Sache
  • schwerer als normaler ungefederter Vorbau
  • die Elastomere verlieren über die Zeit an Spannung
  • steifere Elastomere sind auf Dauer nicht formstabil
  • neg. Winkel: Gelenkabschluss sieht nicht so gut aus

Bewertung

Der Vorbau ist ein unscheinbares und oft vernachlässigtes Bauteil. Nur wenige Sportler haben gefederte Vorbauten auf dem Schirm. Gerade da die früheren Modelle sehr groß, schwer, klobig und hässlich daher kamen. Doch ist es auch ein Bauteil, dass an den aller meisten Rädern leicht ausgewechselt werden kann. Ich habe mich vor fast einem Jahr für den ShockStop entschieden, da ich mit meinem Rennrad mehrtägige Bikepacking Touren machte und etwas brauchte, um meine Handgelenke vor Schlaglöchern, Kopfsteinpflaster und Schotterstrecken schützen zu können. Jüngst bin ich mit selbigem Rad-Langstrecken von bis zu 600 km am Stück und Gravelbike-Rennen von 220 km und 280 km gefahren und meinen Händen geht es prächtig.

Rennrad CockpitWaldweg im Harz

Vorbau an sich

Materialien: Der Vorbau ist aus 6061-T6 Aluminium gefertigt, die Schrauben sind aus Stahl. Dieses Material ist eine ausscheidungsgehärtete Aluminium-Legierung deren weitere Hauptbestandteile Magnesium und Silizium sind. Es verfügt über gute mechanische Eigenschaften und einen gute Schweißbarkeit. Die Federelemente sind aus einem Elastomer. Die viskoelastischen Eigenschaften dieser Kunststoffe sind entropie- und damit stark temperaturabhängig. Ein gedehntes Gummiband z.B. zieht sich bei Wärme stärker zusammen und wird in der Kälte steif und spröde. Für den Verbau ist jedoch kein optimaler Temperaturbereich angegeben. Das Vorspannelement ist aus einem vermutlich thermoplastischen Kunststoff und die Schrauben und Unterlegscheiben sind aus Stahl.

Aufbau: Die Vorbauröhre und die Steuerrohrklemme sind vormontiert und über das Gelenk fest miteinander verbunden. Die Elastomere, das Vorspannelement mit der dazugehörigen Schraube, die Frontplatte, sowie die 6 Schrauben mit blockierenden Unterlegscheiben liegen als Einzelteile bei.

Zusammensetzen: Der Vorbau muss zuerst zusammengesetzt werden, was die direkte Einstellung der Steifigkeit ermöglicht. Die beiliegende Anleitung gibt anhand zweier Tabellen je nach Lenkertyp die optimale Auswahl der Elastomerblöcke vor. Dabei wird durch unterschiedliche Kombinationen ein Bereich von etwa 45 bis 105 kg Körpergewicht abgedeckt. Diese beiden Elastomere müssen dann von Vorn in den Vorbau geschoben und richtig eingesetzt werden. Ein Vorspannelement wird danach in den Vorbau geschoben, mit einer Schraube fest gezogen und fixiert so die Elastomere an ihrem Platz. Damit das Vorspannelement auch nicht locker sitzt, gibt der Hersteller an, dass es etwa 32 Umdrehungen bedarf, bis die Schraube zur Gänze hinein geschraubt ist. Nach etwa 5 Umdrehungen nimmt das benötigte Drehmoment zu. Die Schraube soll ganz eingeschraubt, mit 2.5 Nm gesetzt, aber nicht überdreht werden.

Montage: Die Montage am Fahrrad gleicht der eines normalen Vorbaus. Die Klemme die die Gabel umfasst ist jedoch mit 4 cm recht hoch. Das verleiht ihr zusätzliche Stabilität und führte bei meinem Rad dazu, dass ein Spacer von der Gabel entfernt werden musste. Das optimale Drehmoment von 5.0 Nm mit der alle 6 Schrauben angezogen werden sollten ist auf dem Vorbau vermerkt.

Funktionsweise: Wird die Vorderseite des Vorbaus nach Unten gedrückt, so komprimiert dies die Elastomere. Die Federung wird damit bei weiterem Eindrücken immer steifer, was die Chance des Aufsetzens am Ende des Federwegs deutlich reduziert.

Aussehen: Der Arm des Vorbaus ist unsymmetrisch gebaut. Dadurch sieht er mit positivem Winkel (nach oben gebogen) besser aus, als anders herum. Ich denke diese Abschrägung an der Gelenkstelle rührt daher, dass dieses Bauteil genauso gefertigt auch in dem Vorbau mit 30 Grad verbaut wird. Für mein Rennrad kommt aber nur eine Montage mit negativem Winkel in Frage.

Detailaufnahme zerlegtDetailaufnahme von innenDetailaufnahme zusammengesetzt

Performance

Ich habe einen Dropbar verbaut, was bedeutet, dass der Hebel von der Hand bis zur Gabel je nach Griffposition unterschiedlich ist. Dass ich meistens auf den Hoods statt in den Drops fahre, kommt dem jedoch zu Gute. Hier fühle ich die Federung deutlich, wenn ich auf den Lenker drücke und denke daher, dass ich in dieser Position auch eine gewisse Entlastung bei Schlägen erfahre. Um den Effekt vernünftig einschätzen zu können, fehlt jedoch der direkte Vergleich zum ungefederten Vorbau. Zwar erinnere ich aus der Zeit direkt nach dem Einbau, dass dort eine Federung spürbar, ein besseres Fahrgefühl vorhanden war. Der Vergleich zwischen den Griffpositionen lässt jedoch ebenso einen Schluss auf die Wirksamkeit der Federung zu. Fahre ich zum Beispiel in den Flats, so merke ich absolut gar nichts. Da diese Position jedoch die entspannteste in punkto Körperhaltung ist, hat sie auch was für sich.

Wenn klar ist, dass es einen Effekt gibt, bleibt die Frage, wie groß dieser denn sei. Ich rate davon ab, an dieser Stelle zu viel zu erwarten. Die Federung kann Vibrationen schlucken und harten Schlägen die Kanten und etwas den Biss nehmen. Sie ermöglicht jedoch keines Falls ein geschmeidiges Fahrgefühl auf jedem Untergrund. Die Sensibilität für Unebenheiten bleibt absolut erhalten. Ich fahre jedoch auch mal Schotterstrecken und finde so etwas durchaus machbar. Der begrenzende Faktor ist hier vielmehr was die Reifen mitmachen können.

Dieser eher geringe Vorteil kommt jedoch auch nur mit kleinen Nachteilen daher. Das Radgewicht nimmt etwas zu, das Gewicht des Geldbeutels etwas ab. Was jedoch kein Problem ist, ist der mögliche Kraftverlust, der bei Federungen durch das Verschlucken von Kraft, die eigentlich von den Beinen auf die Räder umgesetzt werden soll, zu Stande kommt. Hier ist mir bei diesem Vorbau nichts negativ aufgefallen. Der Hersteller sagt, dass zumindest beim Wiegetritt, bei dem im Stehen gefahren das Rad von der einen zur anderen Seite geworfen wird, absolut kein Kraftverlust zu Stande kommt. Das ist schön zu wissen, da ein Wiegetritt dann in Frage kommt, wenn auch jedes bisschen Kraft benötigt wird.

Auf meiner letzten und bisher längsten Tour mit 40 h Gesamtzeit und 600 km am Stück ohne Schlaf auf überwiegend ganz guten Straßen, habe ich noch einmal alle Register gezogen. Handschuhe mit Gelpolstern (s.u.), das Lenkerband gedoppelt (s.u.) und die Federung des Vorbaus weicher eingestellt.. Normalerweise fahre ich sie etwas härter, als für mein Körpergewicht und den Lenkertyp empfohlen, da ich gelegentlich eine Lenkertasche nutze. Dieses Mal habe ich sie für 10 bis 15 kg weniger als mein Gewicht ohne die Tasche eingestellt und muss sagen, dass das Fahrgefühl ist auch so wirklich gut ist. Doch viel wichtiger: Ich hatte nur ganz leichte Handgelenksschmerzen, die nach ein zwei Tagen verflogen waren!

Nahaufnahme montiert 1Nahaufnahme montiert 2Nahaufnahme vom Gelenk

Verwendungsmöglichkeiten

Ich denke die Typen von Rädern, bei denen sich ein solcher Vorbau am ehesten lohnt, sind die, die von sich aus nicht viel Komfort zu bieten haben. Rennräder oder solche, die vom Aufbau her einem Rennrad ähneln, aber im Gelände gefahren werden. Cyclocrosser, Gravelbikes, Adventurebikes usw. aber auch Trackingbikes könnten durch dieses Upgrade an Komfort gewinnen. Überhaupt lohnt sich die Dämpfung bei sehr langen und mehrtägigen Touren.

Für eine effektive Federung ist natürlich eine gewisse Hebellänge von Nöten und auch der Federmechanismus an sich muss irgendwo Platz finden. Daher gibt es diesen Vorbau nur in den Längen 90, 100, 110, 120 mm je mit den +/- 6 Grad Rise. Wem - 6 Grad zu wenig sind, der kann die Lenkerposition eventuell von dadurch niedriger setzen, dass er die Spacer nicht vor, sondern nach dem Vorbau auf die Gabel schiebt. Für Trackingbikes die meist über eine sehr aufrechte Sitzposition verfügen ist aber auch der 100 mm Vorbau mit 30 Grad Rise erhältlich.

Ich verwende den Vorbau auch zusammen mit einer oft mehrere Kilogramm schweren Lenkertasche. Daher habe ich die Federung eine halbe Stufe steifer eingestellt, als sie für mein Körpergewicht und meinen Lenkertyp empfohlen wird. Die Federung dürfte zudem die Aufhängung der Lenkertasche schonen, da Stöße so nicht allzu scharf an ihr reißen.

Cockpit mit LenkertascheBikepacking Setup

Daten

Gewicht: 285 g (Größe 100 mm +/- 6°, selbst gewogen)

Laut Hersteller nur etwa 110 g schwerer als ein ungefederter Vorbau.

Materialien: 6061-T6 Aluminium, Elastomer, Thermoplast, Stahl

Größen: 90, 100, 110 und 120 mm länge mit +/- 6 Grad, 110 mm länge mit + 30 Gard

Federweg: 10 mm (gerader Lenker), 20 mm (Rennradlenker)

benötigtes Werkzeug: 3 und 4 mm Inbusschlüssel, Schmiere, (Drehmomentschlüssel)

Steuerrohrklemme für 28.6 mm / 1-1/8 inch Durchmesser

Lenkerklemme für 31.8 mm Durchmesser (Adapter für andere Größen separat erhältlich)

Ersatzteile und Zubehör: Elastomere, Adapter für Lenkerdurchmesser 25.4 und 26 mm, Fahrradcomputerhalterung für Garmin EDGE, Fahrradcomputerhalterung universal

Garantie: 1 Jahr Herstellergarantie

Made in Taiwan

Frontplatte der LenkerrohrklemmeSteuerrohrklemme

Alternativen

Natürlich spielt eine Federgabel in einer ganz anderen Liga. Wenn eine Federgabel eine Option ist, brauchen wir uns weiter keine Gedanken zu diesem Thema zu machen. Ist sie das jedoch nicht, weil es sich um ein eher sportliches und leichtes Rad handelt, bei dem das Austauschen der Gabel schlicht nicht geht, weil dies nicht möglich ist, zu teuer wäre, nicht schön aussehen würde oder einfach zu übertrieben für den tatsächlichen Bedarf wäre, so gäbe es da vielleicht noch ein paar kleine Stellschrauben.

Wenn Rahmen und Bremsen es zulassen, könnten dickere Reifen montiert werden. Da Kraft = Druck x Fläche ist und dickere Reifen über eine größere Auflagefläche verfügen, können sie mit geringerem Druck gefahren werden. Das dadurch weicher gepolsterte Rad federt Stöße besser ab. Eine größere Auflagefläche erhöht jedoch die Reibung und verringert so die Geschwindigkeit.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Verwendung von weicherem und/oder doppelt gewickeltem Lenkerband. Zusammen mit Handschuhen, die auf der Handinnenseite über Polster verfügen, lässt sich da schon einiges raus holen.

Das Material der Gabel hat zwar eher einen geringen, jedoch nicht zu unterschlagenen Einfluss. Hier wäre Karbon zum Beispiel etwas flexibler als Stahl. Es kann daher etwas bringen die möglichen Materialien mit einander zu vergleichen. Muss es aber nicht.

Letztlich schont auch das gelegentliche Umgreifen Hände, Gelenke und Arme. Ein Lenker, der verschiedene Griffpositionen zulässt ist daher auch eine Möglichkeit für die ersehnte Entlastung.

Mein eigenes Rad hat mit 25er Reifen die breitesten drauf, die passen, ich verwende weiches Lenkerband mit gelgepolsterten Handschuhen, meine Gabel ist aus Karbon und ich wechsle oft zwischen den 3 Hauptpositionen. All dies sind aber nur Kleinigkeiten, die mich dennoch nicht vor gelegentlich einschlafenden Fingern oder schmerzenden Handgelenken bewahren. Zusammen mit dem gefederten Vorbau ist es jedoch aushaltbar auch mal lange Strecken über 500 km in 4 Tagen oder 230 km an einem Tag zu fahren. Kopfsteinpflaster, Schlaglöcher und Schotter fühlen sich auch machbar an, ich versuche dennoch alles um glatten Asphalt unter die Reifen zu kriegen.

doppeltes LenkerbandHandschuhe mit Gelpolstern

Resümee

Für lediglich bis zu 20 mm Travel und eine leichte Entlastung der Handgelenke finde ich den Vorbau schon recht teuer. Andererseits habe ich mir nach meiner letzten 600 km Bikepacking Tour ohne diesen auch geschworen, dass ich irgendetwas finden werde, was aus meinem Rennrad ein brauchbares Langstreckengefährt macht. Und jetzt wo ich ihn habe, möchte ich ihn auf keinen Fall wieder her geben. Der Effekt ist zwar kaum spürbar, er fällt im Alltag gar nicht auf. Wenn ich aber zurück an die Gelenkschmerzen denke, die ich seit dem nie mehr hatte, weiß ich wohl was ich an ihm habe. Ich mein, letztlich konnte ich aus einem Rennrad eine Langstrecken-BikePacking-Maschine machen und sogar 2 Gravel-Rennen der Orbit360-Serie mit 220 und 280 km offroad fahren.

 

 

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Nachdem ich den Vorbau jetzt ein halbes Jahr an meinem Gravel Bike mit 50mm Stollen-Reifen hatte, um im Gelände und auf langen Touren etwas mehr Komfort und Kontrolle zu haben, ergab sich wieder mal die Notwendigkeit mein Rennrad damit auszustatten. Bei 100 km Runden am Deich ist ein brettharter Lenker verkraftbar, nicht aber bei dem, was wir letztes Wochenende abgerissen haben: Von Hamburg nach München über 761 km und 5670 hm an einem Stück! Die 2.5 Tage auf dem Rad waren ne irre Belastung, doch Handgelenkschmerzen kamen erst auf die letzten 30 km auf, als ich nicht mehr sitzen konnte / wollte und viel zu viel Gewicht auf Hände und Füße verlagert habe.. Ein weiches gefedertes Cockpit war da genau so viel wert, wie ein anständiger Sattel (Testbericht folgt). Bin also nach wie vor beeindruckt und abhängig vom Redshift ShockStop!

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