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Test: PIRELLI Cinturato Velo TLR 700 mm Reifen, schlauchlos - Reifen, Gravelbike

 PIRELLI Cinturato Velo TLR 700 mm Reifen, schlauchlos - Reifen, Gravelbike
Für meine 1000 km Non-Stop-Tour wüsste ich nichts besseres!
Bewertung Ø: 5.00 Sterne

Vorteile

  • Tubeless Ready (TLR, Dichtmilch statt Schlauch)
  • rennt wie n Pferd / gutes Rollverhalten
  • hält ganz schön was aus / gut pannensicher
  • sehr schöner Grip bei bisher guter Abriebfestigkeit
  • Nasshaftung, Laufleistung, Pannensicherheit und Komfort
  • passt einfach auf mein Rad und für mich persönlich

Nachteile

  • Robustheit und Abriebfeste auf die Schnelle schwer einzuschätzen
  • nicht das absolut leichteste für Sprints am Berg
  • für einen so pannensicheren Reifen aber leicht
  • der Rollwiderstand ist ebenso nicht der beste
  • liegt an nur 66 tpi, Aramideinlage und gerinegrem Druck
  • baut breit auf: 28 statt 26 mm bei 19 mm Maulweite

Bewertung

Bei diesem Reifen kommt alles zusammen. Richtig gutes Material, anständig verarbeitet und für mich und meinen Einsatzzweck genau passend. Vielleicht kannst du meine Begeisterung nachvollziehen, einordnen und für dich und dein Bike selbst eine Abwägung treffen, wenn ich mal kurz umreiße, wo ich Fahrradtechnisch herkomme, derzeit stehe und auf diesen Reifen noch hinmöchte.

Mein Rennrad ist eines von den Älteren. Ausgelegt für schmale Reifen hab ich mir bereits mit einem 28 mm Mantel, der wegen Pannenschutz und Profil etwas breiter aufbaute, das innere der Gabel ruiniert. 26 mm ist leider das weiteste was der Rahmen fassen kann, wobei die Mäntel bei mir in einer Felgenbettbreite von 19 mm auf 28 mm aufbauen. Nachdem mein Versuch es zu einem Allroad-Adventurebike umzubauen gescheitert ist und ich mir auf einem 220 und einem 280 km Gravel-Rennen die Handgelenke zerstört habe und letztlich ein anständiges Gravelbike zugelegt habe, hab ich begonnen es zum "bequemen" Langstreckenrennrad umzubauen.

Mit doppeltem Lenkerband, gefedertem Vorbau und bequemem Sattel bin ich dann 500, 600 und zuletzt über 760 km von Hamburg nach München am Stück gefahren. Ja, ohne Schlaf, nur mit vielen Essens-"Pausen". Derzeit baue ich wieder um. Schmalerer Lenker, Aerobars, entsprechende Sattelstütze und Sattel. Denn in 2 Monaten steht eine 1000 km Non-Stop-Tour von Flensburg nach Garmisch-Patenkirchen an. Und dafür muss Effizienz her, der Komfort darf aber nicht schwinden.

Und genau da kommt der Cinturato Velo TLR ins Spiel. Es ist der breiteste Reifen, den ich aufs Laufrad bekomme. Zudem habe ich ihn Tubeless montiert. Den Fahrradschlauch gegen Dichtmilch einzutauschen hat mehrere Vorteile. Zum einen möchte ich auf so langen Touren keinen Schlauch flicken müssen und setze daher, wie bei meinem Gravelbike seit 1.5 Jahren schon, auf ein System, das kleine bis mittlere Löcher von selbst verschließt. Zum anderen kann ich so einen geringeren Reifendruck fahren und gewinne an zusätzlichem Komfort. Und ganz nebenbei rennt der Reifen wie verrückt. Und wenn das Fahren Spaß macht bleibt Laune und Moral einem länger erhalten. Und nur darum geht´s!

Rennrad im Langstrecken-AufbauCockpit im Langstrecken-Aufbau

Montage

Aber jetzt nochmal auf Anfang. Mein neuer Laufradsatz - ein Mavic Ksyrium SL - kam Tubeless Ready ab Werk und benötigt kein Felgenband, da im Felgenbett keine Löcher für die Speichen vorhanden sind. Felgenband kann durch die zusätzliche Erhöhung des Felgenbetts zu einer schwereren Montage aber auch zu einer besseren Abdichtung führen. Bei den neuen Rädern war das aber nicht nötig. Die Mäntel waren schwer genug aufzuziehen und sitzen seitdem bombenfest.

Zwar hab ich einen von ihnen mit Spülmittel im Felgenrand, einer einfachen Standpumpe und viel Schweiß in Position bekommen. Für den zweiten musste ich aber zur Tankstelle und dann dortigen Kompressor in Anspruch nehmen. Denn erst bei gut Druck, der schnell genug aufgebaut werden kann, rutschen die Mäntel in den Felgenrand und sitzen mit einem Knall in Position. Einziges Manko, an der Seite verlaufen kleine nach außen erhobene Wülste. Linien, die Richtung Radmitte zeigen und bis unter den Felgenrand reichen. Und genau da entwich zu Anfang hörbar Luft. Ausreichend Dichtmilch durch das Ventil eingefüllt und ausgiebig hin und her geschwenkt ließ sich das Ganze aber schnell abdichten und seitdem ist kein Druckverlust mehr messbar.

Kleiner Tipp: Oft scheitert die Tubeless-Montage weniger am Reifen als vielmehr am Ventil. Ich habe das Loch am Ventil daher mit einem Felgenbandaufkleber von MucOff abgeklebt und durch ein kleineres vorgestanztes Loch ein DS Swiss Ventil mit für das Felgenbett passendem Gummistopfen gedrückt. Von außen noch mit einem Ring samt Gummidichtung festgezurrt macht es schon ohne Dichtmilch absolut dicht und ersparte mir so das demontieren eines eingesauten Reifens, um hier nochmal nachbessern zu können. Stichwort eingesauter Reifen. Die Milch die ich verwende ist von MucOff. Stans oder WTB kann ich aber ebenso empfehlen.

Für alle, die auf Altbewährtes setzen sei gesagt: Die Wulst wurde so konstruiert, dass der Reifen gleichermaßen für Tubeless sowie für Schlauch geeignet ist, ohne dass es Abstriche auf Kosten der einfachen Montage, Dichtheit oder Sicherheit gibt.

Reifen flach DraufsichtMantel InnenseiteStelle an der anfangs etwas Luft entweichtErsatz-Tubeless-Ventil, Adapter und Ventilschlüssel

Features

  • Profil: Das Functional Groove Design (FDG) soll bei unterschiedlichen Winkeln und Kraftbelastungen zu einer optimalen Wasserableitung führen, zu einer geringeren Geräuschentwicklung beitragen und sofortigen maximalen Grip durch kurze Aufwärmzeiten erzeugen.
  • Form: Das Ideal Contour Shaping (ICS) basiert auf einer extra so entwickelten Textil-Karkasse, die auch bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Schräglagen des Rades eine kontrollierte Verformung des Reifens erlaubt. Erreicht wird dieses durch unterschiedliche Krümmungsradien des Laufflächenbereichs und der Seitenwände, was letztlich zu einer stets optimalen Aufstandsfläche führt.
  • Gummimischung: Die Silica-SmartNET-Mischung eignet sich für schwierige Straßen- und Witterungsbedingungen.
  • Gummi-Lauffläche: Die Beimischung länglicher Nano-Partikeln aus Aramidfasern ist ein zusätzlicher Pannenschutz.
  • Armor Tech Aramid-Zwischenlage: Das Kevlar unter der Lauffläche ist robust, durchstich- und abriebfest aber trotzdem leicht und flexibel.
  • Nylon-Innenschicht: Das 66 tpi* Nylongewebe über den gesamten Reifen schützt gerade an den Karkassen vor Schnitten und bietet halt bei niedrigen Drücken.
  • TLR tubeless-ready: Die Aramid-Falt-Wulst ist optimiert für TLR Felgen und geringeren Reifendruck, macht aber auch bei der Schlauch-Montage keine Abstriche.

*niedrige tpi-Zahl (weniger Fäden pro Zoll = dickere Fäden = steiferes Gewebe (eher robust z.B. für Gelände oder für geringen Reifendruck)

Vormontage, halb auf der Felgevormontiert, genug Platz zum Dichtmilch eingießenReifen schematisch im Querschnitt

Performance

Der Pannenschutz steht aus meiner Sicht ganz im Vordergrund. Für eher leichte Rennradmäntel sicher nicht selbstverständlich. Soll er auf langen Touren jedoch zuverlässig funktionieren ist dies gerade für mich essentiell. Nylon ist sehr schnitt-, abrieb- und zugfest und Gewebe mit nur 66 tpi sind nochmal fester und steifer. Mit dieser Innenschicht ist die Seitenwand gut vor Schnitten geschützt, was den Reifen fast gravel-tauglich macht. Aramid / Kevlar ist sehr schnitt-, abrieb- aber auch durchstichfest. Diese Einlage unter der Lauffläche macht sicher den Großteil des Pannenschutzes aus. Längliche Nano-Partikel aus Aramidfasern, die in der Gummimischung der Lauffläche dispergiert sind führen dort zur Ausbildung eines Netzes, das den Pannenschutz nochmals erhöht.

Das Tubeless-Fahren bietet sich mit diesem Reifen sowas von an. Nicht nur, dass die Wulst sehr gut mit der Felge abschließt. Die Nylon-Innenschicht führt mit ihrer hohen Dichte dazu, dass der Reifen mit Dichtmilch absolut dicht hält. Kein "Ausschwitzen" an der Karkasse. Zudem ist die Nylonschicht mit 66 tpi sehr steif und bietet guten Halt, auch wenn etwas weniger Druck auf dem Reifen ist. Ob die reine Luftmenge bei nur 26 mm breiten Reifen jedoch ausreicht, um ein Loch effektiv zu verschließen und danach noch genug Luft vorhanden ist, um problemlos weiterfahren zu können, muss sich erst noch zeigen.

Das Rollverhalten ist schwer einzuschätzen, fühlt sich aber ganz subjektiv sehr gut an. Und es gibt einiges was dafürspricht, dass dieser Eindruck nicht täuscht. Denn die Abwesenheit eines Fahrradschlauchs, die dünne und flexible Kevlar-Einlage und die zwar steife aber nur einlagige Nylon-Schicht versprechen einen geringen Rollwiderstand.

Wie sich der Reifen bei Nässe und hohen Geschwindigkeiten in der Kurve verhält konnte ich bisher nicht testen, werde meine zukünftigen Erfahrungen dazu aber gern nachreichen. Für Rückfragen und Ergänzungen kann gern der Kommentarbereich unten genutzt werden.

fast fertig montiert, sitzt sehr strammnur mit viel Kraft aufzuziehen

Material

Beim Reifen denkt man zuerst an Gummi. Genaugenommen hat das Gummi selbst aber den geringsten Einfluss auf die Eigenschaften eines Reifens. Naja, vielleicht hat die Wulst noch weniger Einfluss. Sie verankert den Reifen und hält einfach nur. Alles am Reifen was sich hingegen bewegt, was sich unter Krafteinwirkung verformen kann ist das was sich verhält. Und die Frage, wie es sich verhält während es sich verhält, ist die Frage nach dem, was es kann.

Eine Rolle dabei spielt natürlich die Konstruktion, denn Dicke, Aufbau und Zusammenspiel der Materialien macht gut was aus. Auf die Konstruktion bin ich aber bereits bei den Features eingegangen. Zudem ist die Konstruktion dieser Reifen so, dass jedes einzelne Material sich deutlich von den anderer unterscheidet und seine eher einzigartigen Eigenschaften in die Waagschale wirft. Die Materialeigenschaften und deren Beitrag zur Performance habe ich auch schon erläutert.

Ich könnte also nochmal erklären, dass aus meiner Sicht die Karkasse das Wichtigste ist und sie das Fahrgefühl, Rolleigenschaften und Halt vorgibt. Oder ich erzähle doch etwas über das Gummi.

Genau gesagt über die Mischung. Viel verrät der Hersteller nicht, nur, dass es sich um eine Silica-SmartNET-Mischung handelt. Das Gummi auf der Lauffläche eines Reifens ist in erster Linie für eine lange Lebensdauer optimiert, während Gummi an den Seiten oft weicher ist, sich dadurch dem Boden besser anpasst und bessere Haftung bietet. Wenn es also gelänge eine Gummimischung abriebfester zu machen, ohne dass sie dabei hart und steif wird, ließen sich Eigenschaften, wie Langlebigkeit und Haftung vereinen. Hier kommt denke ich das SmartNET ins Spiel. Dem Gummi wurden nämlich längliche Nano-Partikel aus Aramid-Fasern hinzugefügt. Diese erzeugen ein Netz im Gummi, sind zugstabil und abriebfest aber flexibel. Das macht das Gummi zäh und dadurch langlebig und pannensicher. Zudem befinden sich Verstärkungssysteme im Gummi selbst. Silica oder funktionelle Organo-Silane werden oft im Gummi eingesetzt, nicht nur um die Verarbeitbarkeit zu verbessern, sondern auch um an anderen Materialeigenschaften zu schrauben.

in die Felge springen lassen mit Standpumpezurück von der Tankstelle, dank Kompressor sitzt er im Felgenrand

Daten

  • Größen: 700 x 24/26/28/32/35 C
  • Maße: ETRTO Rim 15c, 17c und 19c baut auf WIDTH (WAM) 26, 27 und 28 mm Breite auf (äußerer Radius immer 343 mm)
  • Farbe: Schwarz
  • Gewicht: 280 - 410 g (300 g als 700x26C Variante)
  • Einsatzbereich: sportliche Langstrecke mit nicht zwingend optimalen Straßenverhältnissen
  • Pannenschutz: hoch durch Aramid-Faser-Nano-Partikel verstärktes Silica-Gummi auf Kevlar und 66 tpi Nylon

Reifen und DichtmilchDichtmilch an Ventilstutzen angeschlossenSchlauch der DichtmilchflascheDichtmilch einfüllen

Reifenbreite

Es gibt den Cinturato Velo in 24, 26, 28, 32 und 35 mm Breite. Damit bietet Pirelli etwas für hohen Druck und schnelle Rennen. Aber auch etwas mit viel Komfort und einer gewissen Toleranz gegenüber schlechten Straßenverhältnissen auf langen Reisen.

Nach meinem Verständnis sollten auch Rennradreifen etwas breiter sein. Die Zeiten von 23 mm und 8 Bar sind längst vorbei. Lange hat man nur auf den reinen Rollwiderstand geguckt und die Ermüdung durch andauernde Vibrationen vernachlässigt. Heute geht der Trend beim New-Road-Bike längst zu 28 mm und mehr. Und auch ich schätze gerade auf langen Touren den Komfortgewinn, der tatsächlich ohne wirklichen Geschwindigkeitsverlust möglich ist.

Gut, in mein jetziges Rennrad passen leider nur die 26 mm Mäntel. Sie bauen in den Ksyrium SL Felgen aber auf 28 mm auf. Diese Felgen sind für max. 23 bis 39 mm Mäntel bei max 6 Bar ausgelegt, empfohlen werden 25 bis 32 mm und 5 bis 5.5 Bar. Das Felgenbett hat eine Maulweite von 19 mm und ist extra auf Tubeless und eine einfache Montage ausgelegt. Effektive 28 mm also und damit fahre ich auch schon mal abseits der befestigten Wege. Der vorhandene Pannenschutz und Tubeless machen es möglich, etwas Schotter juckt mich nicht.

Seite des montierten ReifensDraufsicht montiert mit Profil

Einordnung

Diese Reifen sinnvoll einzuordnen fällt mir schwer. Ich kenne sensible Mavic Ultraleicht Mäntel von früher, die mir immer kaputtgegangen sind. Dann bin ich robuste Schwalbe Mäntel mit fast dem doppelten Gewicht gefahren. Die haben zwar alles ausgehalten, aber schnell und agil fühlt sich doch anders an. Jetzt fahre ich diese, die mit 300 g nicht besonders schwer sind, mit Kevlar einen hochwertigen Pannenschutz bieten, mit Nylon eine steife, schnittfeste und mit Dichtmilch luftdichte Karkasse haben, über ein funktionierendes Wulstprofil verfügen, das sich 1a in die Felge einpasst.

Zudem macht die Gummimischung mit Nano-Partikeln aus Aramidfasern als zusätzlichen Pannenschutz genau was sie soll. Das vom Motorradreifen inspirierte Rillenprofil leitet zudem Wasser gut ab. Ich würde dem Hersteller schon glauben, wenn er sagt, dies ist ein Reifen mit optimaler Nasshaftung, Laufleistung, Pannensicherheit und Komfort mit leichten Abstrichen in punkto Rollwiderstand und Gewicht. Also etwas für eher sportliche und längere Touren bei unterschiedlichen Wetterbedingungen in unterschiedlichen Terrains. Etwas wirklich Brauchbares für Rennen auf der Langstrecke.

Rennrad im KurzstreckenaufbauPirelli Reifen für die Langstrecke

Resümee

Mein erster Eindruck war absolut perfekt. Klar, ich bin jetzt auch kein gutes Reifenmaterial in der Klasse gewohnt. Jedoch bilde ich mir dank zahlreicher Trainingsfahrten und langen Touren ein gewisses Fahrradgefühl und dank unzähliger Podcasts ein gewisses fachliches Verständnis ein. Ich fühle mich also voll in der Materie und nutze dieses Halbwissen und Selbstvertrauen für eine hoffentlich hilfreiche Bewertung.

Und jetzt nach einigen Kilometern muss ich sagen. Die Reifen bleiben drauf. Wenn nicht für immer, dann zumindest, bis sie auseinanderfallen. Und vor allem für meine 1000 km lange Non-Stop-Tour von Flensburg nach Garmisch-Patenkirchen. Die steht Anfang August 2022 an und danach werde ich hier nochmal eine kurzen Langzeit- / Langstreckenbewertung zum Besten geben. Da Komfort und Zuverlässigkeit für mich stets noch etwas wichtiger sind, als ein geringer Rollwiderstand, ich aber trotzdem sportlich und effizient fahren möchte, treffen diese Reifen den Sweetspot.

 

 

Wie wurde das Produkt erworben?Ich bin ProduktScout - zum Testen von OUTSIDEstories
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