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Test: C.A.M.P. Skimo Nanotech - Steigeisen

C.A.M.P. Skimo Nanotech - Steigeisen
Ultraleichte Skitouren-Steigeisen mit anständig Biss
Bewertung Ø: 4.00 Sterne

Vorteile

  • verdammt leicht (476 g) durch 7075er Aluminium
  • Frontzacken aus Sandvik Nanoflex-Stahl
  • Ersatzteile: Metallstreifen, Fersenhebel und Antistollplatten
  • Erweiterung: Körbchenbindung, Dynemariemen erhältlich
  • problemlos an- und auszuziehen
  • bombenfeste Bindung

Nachteile

  • Rollsiegelverschluss am Packbeutel etwas kurz
  • keine Körbchenbindung für die Ferse erhältlich
  • Größe nur bis EU 46
  • Seitenflügel zur Sohleneinfassung sehr klein
  • weniger robust, da Ultraleicht (Einsatzzweck beachten)
  • Kompromisse durch Ultraleichtbau

Bewertung

Auf Skitouren steht das sportliche und schnelle Vorankommen im Vordergrund, doch können harter Firn oder gar Blankeis plötzlich zu Problemen führen. Auch wenn das Gelände zu steil für den Aufstieg mit Fellen wird, sind Steigeisen Gold wert. Doch muss alles an Ausrüstung getragen werden. Equipment wie Pickel und Steigeisen zielen daher in diesem Bereich auf möglichst geringes Gewicht ab. Doch das Leichtmetall Aluminium bringt nicht nur Vorteile. Kontakt mit Fels kann zu Abstumpfen und Beschädigungen führen und Zacken ohne Biss sind auch das geringe Gewicht nicht wert. Die Skimo Nanotech Steigeisen begegnen diesem Umstand mit dem gezielten Einsatz von Sandvik Nanotech-Stahl und machen damit einen Punkt.

CAMP SKIMO Nanotech SteigeisenVorderfußteile NahaufnahmeStegeFersenteile

Befestigungssystem:

Die Steigeisen kommen mit einer Automatikbindung für Touren-Skistiefel oder steigeisenfeste Bergstiefel. Mit den separat erhältlichen Körbchen lässt sie sich aber schnell und einfach au eine Semiautomatik-Bindung für bedingt steigeisenfeste Stiefel umbauen. Die auf Touren-Skistiefel ausgelegte T-Bindung vorn kann zudem in zwei Höhenpositionen mit einem Unterschied von 5 mm angebracht werden. Die Körbchenbindung bietet da natürlich deutlich mehr Spielraum, passt au viele Schuhe, wiegt aber auch mehr. Das Steigeisenpaar nimmt durch den Umbau insgesamt 76 g zu.

Beim Anziehen fällt auf, dass es kein vordefiniertes Rechts und Links zu geben scheint. Die Stege sind nicht etwa der Fußkrümmung entsprechend gebogen und auf den Steigeisen befindet sich auch sonst keine Markierung. Es empfiehlt sich aber sie so anzuziehen, dass die Schnallen außen sind. So kommt man besser ran und sie können sich beim Laufen auch nicht verhaken.

Dem Riemen kommt beim An- und Ausziehen eine große Bedeutung zu, zwar ist er nur eine zusätzliche Sicherung, muss aber eingefädelt, festgezogen und gelöst werden. Dieser hier wirkt recht schmal, ist jedoch griffig und steif genug. Das Ende ist angeschrägt und lang genug, sodass es viele Male gekürzt und angeschmolzen werden kann, wenn es beginnt auszufransen.

Die Fersenbindung mittels Kipphebel kann zweistufig in der Länge und dreistufig in der Höhe verstellt werden. Gerade die Höhenverstellung ist wirklich ausgeklügelt. Der Riemen sichert eine rote Platte, die nach oben herausgezogen einen Spalt frei gibt, in den hinein der Metallbügel gedrückt, darin hoch oder runter bewegt und dann in einer anderen Position eingerastet werden kann. Leicht, effizient und ohne Werkzeug.

Im Ganzen lässt sich die Bindung schön einfach bedienen, was gerade mit Handschuhen oder kalten Fingern ein Segen ist. Sie hält ohne sich über die Zeit zu weiten und ist dank der Gummilasche am Riemen auch wieder auf zu bekommen. Wie es sich mit Eisklumpen am Riemen verhält, kann ich nicht ganz abschätzen. Diese machten mir an anderen Steigeisen des Öfteren zu schaffen. Ein paar Schläge mit der Rückseite des Eispickels können das aber meist regeln.

Bindung komplett am BergstiefelRiemen und VerschlussKipphebelKörbchen

Steigeisen an sich:

Die Steigeisen selbst sind erst einmal unglaublich leicht. Mit nur 476 g sollten sie auch auf Tagestouren Platz im Rucksack finden und so im Fall der Fälle zur Stelle sein. Doch damit nicht genug, sie müssen natürlich auch etwas leisten können. Um reine Aluminiumsteigeisen habe ich bisher einen großen Bogen gemacht, weil letztlich das wichtigste der Halt ist, den sie bieten. Und dazu gehört vor allem guter Biss beim präzisen Treten mit den Frontzacken. Doch da mach ich mir bei diesen hier keine Sorgen. Exakt da, wo es verdammt nötig ist, wurden sie mit Stahl verstärkt!

Alles Weitere rundet die Sache ab und passt gut ins Konzept. Der flexible Steg, der die beiden Teile miteinander verbindet, würde zwar einem Stiefel nicht zusätzlichen Support bieten, was die Wadenmuskulatur zusätzlich beanspruchen könnte, doch sind die Eisen auch nicht fürs Eisklettern gedacht und erhalten die nötige Steifigkeit letztlich durch den Skistiefel selbst. Für das Gehen in leichtem Gelände kann es sogar ein Vorteil sein. Schuhe mit einigermaßen flexibler Sohle laufen sich schon besser, mit flexiblen Steigeisen darunter, die bei der Abrollbewegung etwas mitgehen.

Frontzacken unterm BergsteifelT-Stop Platte als ZehenschutzVorderfußteil unterm Bergsteifelmaximale Steglänge ausgenutzt

Einsatzbereich:

Die Bindung ist schon sehr auf die Befestigung an Touren-Skistiefeln ausgelegt und die Leichtbaukonstruktion hätte Felskontakt nicht unbedingt genug entgegen zu setzen. Kleine Klettereien würden zwar lediglich die Zacken abstumpfen lassen, wären aber machbar. Ein großer Vorteil dabei sind die Frontzacken aus Stahl. Diese halten lange die Schärfe und haben auch im Eis guten Biss. Die Antistollplatten sorgen zudem auch bei klebrigen Schneeverhältnissen dafür, dass die Klumpenbildung unterm Schuh verhindert wird und so stets ein fester Tritt möglich ist.

Ich würde die Steigeisen im Bereich von Skitouren verorten, um steile Passagen und heikle Aufstiege bewältigen zu können. Aber auch für Winterwanderungen oder Gletscherüberquerungen mit bedingt steigeisenfesten Stiefeln sind sie geeignet. Wäre zu der Körbchenbindung für Vorn ein Körbchen für Hinter erhältlich, so könnte ich sie mir auf Grund ihres geringen Gewichts und ihrer Flexibilität auch gut für leichte und schnelle Touren mit Hikingstiefeln oder Trailrunnern vorstellen. Sie wiegen nicht so viel mehr als Grödel, können dabei aber so viel mehr. Schade drum.

T-Stop vorn demontierenniedrige Kantenhöhehohe KantenhöheT-Stop oder Körbchen / Auto oder Semiauto

Transport:

Steigeisen sollten im Rucksack getrennt von der übrigen Ausrüstung aufbewahrt werden. Nicht nur, dass sie diese beschädigen können, sie können sie auch unnötig dreckig und nass machen. Steigeisen direkt nach dem Gebrauch zu reinigen ist oft keine Option. Zum einen ist es schön, wenn am Berg alles schnell und einfach zu handhaben ist, zum anderen lässt sich festgefrorener Schmutz nicht mal eben so lösen.

Zu diesem Zwecke liegt den Steigeisen ein 67 g schwerer Packbeutel bei und der ist genau nach meinem Geschmack. Leicht, flexibel, wasserdicht und am Boden, sowie an einer Seite besonders robust und durchstichfest. Lediglich in Maßen hätte Beutel, wie Rollsiegelverschluss von etwas mehr Spiel profitieren können. Mit T-Bindung und kurz eingestelltem Steg passen die Steigeisen zwar hinein und der Verschluss geht knapp zu. Für die Variante mit Körbchenbindung und/oder Stegen in der maximalen Längeneinstellung muss jedoch ein anderer Beutel her.

Rollsiegelverschluss am PackbeutelPackbeutel mit robustem BodenPackbeutel Zettel 1Packbeutel Zettel 2

Daten:

Gewicht: 476 g (Paar mit T-Bindung, wie geliefert, selbst gewogen)

Gewicht: 552 (Paar mit Körbchenbindung vorn, selbst gewogen)

Packmaß: 23 x 10 x 8 cm (29 x 15 x 8 mit Körbchenbindung und langem Steg)

Beutel: 30 x 12 x 10 cm, 67 g

Materialien: 7075 Aluminium, Sandvik Nanoflex-Stahl

Größen: EU 36 - 46

Schuhtypen: Automatik, Halbautomatik

Farbe: Grau + Grün

Zubehör: Antistollplatten, T20 Torx-Schlüssel, Transportbeutel (beiliegend)

Zubehör: Linking Bar Metallsteg, Linking Strap Dyneema-Riemen, Heel Bail Fersenspannhebel, Toe Bail Zehenkörbchen, Antibott Antistollplatten (erhältlich)

Genormt: DIN EN 893 (Bergsteigerausrüstung - Steigeisen - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren)

Hergestellt in Italien

Größenvergleich mit Nalgene 1 L stehendGrößenvergleich mit Nalgene 1 L liegendGrößenvergleich Auto vs Semiautomit Körbchenbindung vorn zu groß für den Packbeutel

Wartung und Pflege:

Nun da gibt es an diesen Steigeisen nicht allzu viel zu tun. Klar, trocken gelagert werden sollten sie auf Dauer, aber groß rosten oder verwittern wird da nichts. Das Aluminium ist geschützt und wird auch nicht aufblühen. Gelegentliches Nachschärfen der Zacken kann nicht schaden und Ersatzteile sind einige zu bekommen. Muss die Bindung vorn angepasst werden, so geht dies mit dem beiliegenden T20 Torx-Schlüssel und die Antistollplatte kann mit einem Kreuzschlitzschraubendreher angezogen oder ausgewechselt werden. Alles andere geht mit der Hand, ob die Fersenbindung angepasst oder die Sohlenlänge korrigiert werden muss. Selbst der Riemen ließe sich mit der Hand herausfädeln.

Vorderfußteil mit 6 ZackenFersenteil mit 4 ZackenAntistollplatte vornAntistollplatte hinten

Leichter als Leicht:

Das Skimo Nanotech ordnet sich bei CAMP zwischen dem reinen Stahlsteigeisen Skimo Pure Nanotech und dem ultraleichten Alusteigeisen Skimo Total Race ein. Wer jedoch die Kombination aus Stahl und Aluminium schätzt und seine Eisen dennoch etwas leichter machen möchte, kann durchaus was tun.

Ohne die Antistollplatten soll das Paar 75 g leichter sein und auch der Steg unterm Mittelfuß kann gegen einen Dyneemariemen getauscht werden. So lassen sich weitere 19 g einsparen. Zudem ist das damit faltbare Steigeisen unter Umständen noch leichter zu verstauen. Riemen statt Steg klingt gut, doch würde ich dringend davon abraten, die Platten zu entfernen. Wird der Schnee doch mal matschig und bleibt unterm Fuß kleben, so wird es nicht nur anstrengen, sondern auch arg gefährlich. Der Halt ist dann dahin, die Füße werden irre schwer, man kommt kaum voran, weil man bei jedem zweiten Schritt die Schneeklumpen mit seinem Pickel abschlägt und man rutscht. Echt die Hölle.

Frontzacken DraufsichtFrontzacken von vornFrontzackenvernietung von unten

Holztest:

Um sich vor einer Hochtour oder der Wintersaison fit zu machen gibt es hier im Norden eine einfache Möglichkeit. Im Wald lässt sich immer ein Stapel Baumstämme finden und an deren Seite aus Baumquerschnitten und Lücken tobt man sich dann aus. Eisgeräte lassen sich ins Holz schlagen oder darauf einhaken und Steigeisen in die Stämme treten. So war für mich klar, wie ich diese Eisen testen kann, auch wenn Corona mir meine Bergtouren dieses Jahr verweigert.

Und ich muss sagen, ich bin überrascht. Einerseits haben die Frontzacken deutlich mehr Biss als erwartet. Andererseits bekomme ich dort nicht optimal die Kraft drauf, weil der Steg so flexibel ist und die Ferse sich dadurch etwas locker anfühlt. Der Gripp ist aber auf jeden Fall gegeben und das Herumklettern am Holz macht Spaß. Ein Steigeisen fürs Eisklettern ist es aber ganz sicher nicht.

eine etwas andere Kletterwandverschiedene Steigeisen unter den StiefelnFrontzacken beißen mühelos ins Holzdie Antistollplatten helfen nur bedingt gegen Matsch

Resümee:

Bisher habe ich 12-zackige Edelstahlsteigeisen benutzt, die doppelt so viel wiegen, wie die Skimo Nanotech hier. Klar, von Alu-Steigeisen habe ich mich immer fern gehalten, weil ich mich bei meinen 4000er-Besteigungen mit dem Fels nur so kloppe und etwas robustes zum Klettern brauche. Doch hielt mich auch immer meine Erfahrung mit einem ultraleichten Eispickel aus Aluminium davon ab, da Alu einfach schnell stumpf wird und keinen Biss hat. Und der Halt ist letztlich worauf es ankommt.

Und genau das ist der Punkt, der mich an den Skimo Nanotech am meisten begeistert. Verdammt leichte Alueisen mit Frontzacken aus Stahl zu kombinieren ist die Lösung. Nicht für alles, aber für vieles. Dennoch sind und bleiben diese Steigeisen ein spezialisiertes Produkt. Der irre Gewichtsverlust kommt mit Einschränkungen daher. Am Touren-Skistiefel auf steilen Firnfeldern und Rinnen sicher ein Gewinn.

Bei Gletscherüberquerungen und Winterwanderungen unterm Schuh durchaus ausreichend. Für technisch anspruchsvolles Gelände jedoch zu wenig. Ein flexibler Steg erschwert die Kraftübertragung auf die Frontzacken, horizontale statt vertikale Frontzacken bieten Auflagefläche im Firn, erschweren aber das Eindringen im Eis, und 10 Zacken sind eben weniger als 12. Es ist aber nie verkehrt seine eigenen, sowie die Grenzen seiner Ausrüstung zu kennen und für den Verwendungszweck als Tourenski-Steigeisen sind sie einfach unschlagbar!

 

 

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Ich habe die Steigeisen endlich mal am Berg benutzt und bin nach wie vor hin und weg. Schön leicht, einfach anzulegen und bissig! Falls ihr mal rein schauen wollt, auf meiner Homepage sind u.a. Videos zur 4000er Breithorntour mit Alex, wo ihr die Steigies in Action sehen könnt: https://www.teamdaniel.xyz/videos Als Upgrade für die nächste Tour habe ich mir Dynema-Gurtbänder zugelegt. Diese sollen die für meine Schuhe eh etwas zu kurzen Verbindungsstege zwischen Vorder- und Hinterteil ersetzen, etwas Gewicht sparen und Flexibilität beim Verstauen mit sich bringen.

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