Auch wenn es kalt ist, ein zwei Jacken hermüssen, die Sommerklamotte drunter noch durch Arm- und Beinlinge verlängert werden muss, lohnt es sich einmal zu überlegen, was letztlich direkt auf der Haut liegen, das Wetter draußen halten und den Schweiß aufnehmen soll.

Auf meinen letzten Fahrten war es das CAPSULE SONNY COLBRELLI Jersey. Und nach einigen Fahrten auf Renn- und Gravel-Bike freu ich mich erst recht auf den Sommer, um diese schicke Klamotte häufiger noch tragen zu können. Denn da gehört sie eigentlich hin. Bestehend - allein sichtbar - aus einem Dutzend Teilen. Alles speziell für den Platz ausgewählt, macht es einen krassen Eindruck. Auf der Haut fühlt es sich an wie eine zweite, vom Design, den Taschen und Funktionen mal ganz zu schweigen.

Passform

Ich habe die Größe eher eng gewählt. Zum einen besitze ich schon lockere Trikots, aus einer Art Netzstoff zum Beispiel. Zum anderen sieht es so wirklich schnittig aus und nur mit gutem Hautkontakt kann Schweiß auch aufgenommen und abtransportiert werden, so die Arbeitshypothese. Schnitt, Stretch, Flachnähte und Co machen es möglich, dass das leichte Hemdchen sitzt wie angegossen.

Selbst wenn man es etwas zu eng wählt, wie ich, zwickt es nur minimalst unter den Armen. Das verschwindet aber, sobald man die Arme etwas hebt und in den Lenker greift, denn es ist perfekt auf die Haltung auf dem Rad angepasst. Was direkt auffällt ist, dass der weiche umgenähte Saum am Hals sich wirklich gut anschmiegt. Rundum dicht anliegend schnürt er nicht ein, nicht mal beim maximalen Senken oder Heben des Kopfes.

Die Ärmelbündchen laufen genau so, wenn nicht noch besser anliegend aus. Hier wurde der Stoff nicht einmal umgeschlagen, eingefasst, abgenäht.. er ist einfach abgeschnitten und fertig, ohne dass etwas ausfranzt. Der Saum unten ist hingegen deutlich verstärkt. Das muss er auch, u etwas Druck für einen stabilen Sitz aufbauen zu können. In Kombination mit dem Silikonaufdruck im hinten liegenden Teil verrutscht hier gar nichts mehr.

Features

Der Reißverschluss ist dank Bändchen mit gummiertem Block zum Greifen nicht zu klein. Er verschwindet fast komplett hinter den nah dran genähten Abdeckungen, was sehr gut aussieht. Am unteren Ende ist ein Dreieck hinter genäht, sicher um hier Scheuern zu vermeiden. Am oberen Ende ist so etwas nicht nötig. Hier liegt der Reißverschluss in der Kuhle zwischen Kehlkopf und Schlüsselbeinen, sehr angenehm. Was ich aber wirklich feiere, ist der eingebaute Stopper. Beim Schließen rastet der Schlitten hinter jedem Zahn ein, sodass er nur weiter geschlossen werden, jedoch nicht von selbst oder durch die Spannung des Stoffes wieder aufgehen kann. Zieht man am Schiebergriff nach unten wird diese Sperre jedoch aufgehoben und der Verschluss lässt sich sehr geschmeidig öffnen.

Die Taschen mittig am unteren Rücken sind ganz gut zugänglich. Hier liegt der Fokus aber eher darauf, dass sie gut Spannung haben, um bei einem so leichten Stoff auch wirklich etwas festhalten zu können. Es ist also nicht ganz leicht, hier etwas während der Fahrt zu verstauen oder zu entnehmen. dafür sind die Dinge die hinein passen sicher fixiert. Etwas, was ich bei anderen Sommer-Trikots als eine der Schwachstellen feststellen konnte, wurde hier also gemeistert. Auch, dass hier am Saum der Taschen ein dickeres elastisches Band hinterlegt wurde, tut seinen Teil, wenn nicht den größten dazu.

Reflektoren gibt es wenige und mit wenige meine ich genau einen. Der sitzt am linken Rand der Taschen. Also am unteren Rücken gern Straßenmitte versetzt, sodass man zumindest über eine weitere Hilfe zur Sichtbarkeit verfügt. Dezent und stylisch eingesetzt, sehr schön.

Material

Oh Boy, wo fang ich da nur an. In der Fläche sind es die Materialien an den Armen / Schultern, an der gesamten Vorderseite, seitlich unter den Armen, am oberen / mittleren Rücken und am unteren Rücken, die sich deutlich unterscheiden. 5 Partien also, auf die es sich lohnt einmal gesondert einzugehen. Hinzu kommen dann zahlreiche kleine Partien, wie Säume, Verstärkungen, Nähte, auf die ich hier nicht alle eingehen möchte.

Der deutlichste Unterschied, also neben dem Aussehen und bei doch vergleichbarem Stretch, scheint das Maß an Luftdurchlässigkeit zu sein. Gegen das Licht gehalten oder beim Durchpusten fällt es sehr auf. In folgender Reihenfolge sind die Partien von den Schultern über das Vorder-, das Rücken- und dann das Seitenmaterial besser durchlüftend. Überlegt man sich, welche Partie besonders im Wind steht, ergibt dies auch Sinn. Zudem fühlen sich die Materialien alle sehr gut an, wobei es bei dem Netz seitlich unter den Armen fast so wirkt, als würden die dickeren Spots hier als Abstandhalter wirken, damit die wirklich dünnen Stellen ihre Wirkung noch besser entfalten können.

Daten

• Gewicht: 116 g (Größe M)
• Packmaß: 0.5 L
• Reißverschluss: ... mit Rücklaufsperre
• Taschen: 3 Einschubtaschen am unteren Rücken
• Logos: 3 und weitere Designelemente
• Material: Hauptstoff 93% Polyester, 7% Elasthan; Vorderseite 85% Polyester15% Elasthan; Ärmel 82% Polyester, 18% Elasthan; Seite unter Ärmel 96% Polyester4% Elasthan; Hüftband Vorderseite Oberstoff und Innenstoff80% Polyester, 20% Elasthan
• Farben: Sonny Colbrelli Design
• Pflege: nicht einweichen, Reißverschluss schließen, neutrale Reinigungsmittel verwenden, keine Bleiche, keine Weichspüler, nicht unnötig der Sonne aussetzen (zB zum Trocknen), Reiben an rauen Oberflächen kann einen Pilling-Effekt hervorrufen, 30 °C Maschinenwäsche, nicht in den Trockner, nicht bügeln, keine Trockenreinigung, nicht auswringen

Made in Italy

Claims

• Herstellung durch Body-Mapping-Technologie für einen besonders guten Sitz
• strategisch positioniert verschiedenere Materialien, um das richtige Gleichgewicht zwischen Komfort und Leistung zu erreichen
• Auf der Vorderseite kommt MICROFORATED LIGHT zum Einsatz, ein schnell trocknendes, atmungsaktives Material.
• Auf der Rückseite kommt GEO LIGHT zum Einsatz, das leicht und dehnbar ist.
• Während PIUMA-Mesh an den Seiten die Feuchtigkeitsregulierung unterstützt.
• Die Raw-Cut-Ärmel bestehen aus AERO MINI RIB, das durch seine kanalisierte Struktur die Aerodynamik verbessert.

Wie die besonderen Materialien jetzt im Vergleich zu günstigeren oder gängigeren Materialien performen, kann ich natürlich nicht abschätzen. So etwas klingt immer großartig, aber ohne Windkanal und Messmittel, kann ich nur abschätzen und sagen: Ja, die Materialien lassen beim Pusten und dran Saugen dort mehr Luft hindurch, wo es von der Positionierung her auch Sinn ergibt.

Komfort und Leistung sind hier sicher ganz gut im Einklang miteinander. Zumindest tut es was es soll und das sehr gut. Und was den Body-Mapping Approach angeht. Ich hab keine Ahnung, wie man so etwas heutzutage angeht. Aber das Ergebnis ist auf jeden Fall ein Schnitt, der wie angegossen auf den menschlichen Oberkörper passt. Zumindest auf meinen und damit kann man nur zufrieden sein.

Verwendung

Ich glaub, da gibt´s nix zu überlegen, das Trikot ist für den Sommer. Da sich weder die Lüftung, noch der sportliche Rennrad-Look abstellen lässt, ist klar, diese Schicht gehört bei bestem Wetter auf den Leib und funktioniert am besten, wenn man nichts darüber trägt. Ich werde sie, sobald die Temperaturen steigen, zusammen mit der passenden Hose auf Rennrad- und Gravelbike-Tagestouren einsetzen.

Für das Bikepacking ist mir das Trikot nicht vielseitig genug. Natürlich hat es Taschen und die fixieren, die paar Dinge die hineinpassen, sehr sicher. Auf längeren vor allem mehrtägigen Touren wünsche ich mir aber etwas lockeres Bequemeres, was zugleich gut als Baselayer fungiert. Wer extra Campingklamotten mitnimmt, kann dieses Trikot aber natürlich gut tagsüber tragen. Es ist schnell ausgewaschen und wieder getrocknet.

Also direkt einsatzbereit für den nächsten Tag. Dazu ein kleiner Tipp: Leg es nach dem Waschen offen ausgebreitet auf ein Handtuch, roll es fest ein, sodass es zwischen den Handtuchschichten eingequetscht wird, drücke noch mit etwas Kraft drauf herum und ziehe so die meiste Feuchtigkeit heraus, bevor du es luftig neben eine Heizung hängst. Das geht im Camp mit dem Badehandtuch, aber auch in jedem Hotelzimmer.

Resümee

Ich hab nichts dagegen, wenn hier die Persönlichkeit und Karriere des Radsportlers Sonny zu Marketingzwecken verwendet wird. Zum einen ist so etwas ein schöner Anlass für ein besonderes Design, zum anderen sind solche Kooperationen auch eine Möglichkeit für Sportler Geld zu verdienen.

Für Fans, gerade des italienischen Radsports, bietet es zudem die Möglichkeit ein wenig Teil davon zu sein. So beachtlich die 3 Siege in 2021 waren - Italienische Meisterschaft, Europa Meisterschaft, Paris-Roubaix - gerade, weil die 118 Austragung des legendären Kopfsteinpflasterrennens das erste nasse Rennen seit 2002 war und Colbrelli gleich bei seinem ersten Versuch gewonnen hat, so sehr versuche ich daran vorbei zu schauen und das Trikot nach dem zu bewerten, was es wirklich kann.

Und ganz ehrlich, da hat es mich absolut überzeugt. Mir fällt tatsächlich nichts ein, was an diesem Hemd zu kritisieren wäre. Von den Materialien, über die Verarbeitung, den Schnitt und die Funktion, alles absolut top. Und so würde ich sagen, es ist ein würdiges Kleidungsstück, um an die 10 jährige Karriere eines Sportlers zu erinnern, die durch einen Herzstillstand und das Implantieren eines Defibrillators abrupt ein Ende nahm. Er darf vielleicht nicht mehr an Rennen teilnehmen, aber er lebt, er fährt sicher noch Rad und er bleibt für viele die Kobra. Pathos Ende.